Freitag, 29. März 2013

Gustl Mollath: Treffer, versenkt! – die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Meine Freitagskolumne ist seit einiger Zeit häufig dem Thema Gustl Mollath gewidmet, denn ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen den Fall über die kurzlebige Zeitspanne einer gewöhnlichen News hinweg aktiv verfolgen mögen. Seit dem Bekanntwerden des Revisionsberichts der HypoVereinsbank weiß jeder, der sich für den Fall interessiert, dass es bei Mollaths Unterbringung nicht mit rechten Dingen zuging. Es gilt nun, das Thema am Kochen zu halten, um nachträgliche Vertuschung in jeder Form unmöglich zu machen. Ich werde deshalb bis zur endgültigen Freilassung, Rehabilitierung und Entschädigung Gustl Mollaths publizistisch an dem Fall dranbleiben, egal, wie lange dies dauern wird, denn: 

Hier nahm das
Drama seinen Ausgang:
Die HypoVereinsbank Nürnberg
Foto: U. Prem
Wir alle sind Gustl Mollath! Was ihm passiert ist, kann jedem anderen Menschen auch widerfahren: Schon wenige einflussreiche Personen mit Verbindungen in Justizkreise genügen, um eine missliebige Person auf unbestimmte Zeit oder gar für immer in die Psychiatrie zu verräumen. Dort ist die Anbindung an den Rechtsstaat dann nur noch pro forma gegeben, denn ernsthafte behördliche Reaktionen auf die Eingaben eines offiziell »Verrückten« kommen so gut wie nicht vor.

Noch immer gibt es Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, an Mollaths Ungefährlichkeit zweifeln. Amtsrichter Eberl, welcher Mollaths Einweisung damals mutmaßlich aktiv betrieben hatte, scheint trotz seiner anderslautenden Bekundungen nicht zu ihnen zu gehören.

Ein neuer Schriftsatz der Verteidigung enthüllt Unglaubliches:


* Am 28. Juli 2005 traf beim Amtsgericht das (vom Gericht als dringlich erbetene!) psychiatrische Gutachten Dr. Leipzigers ein, das zu dem Schluss kommt:

»Da der Angeklagte den Krankheitswert seiner psychischen Störung nicht erkennt und negiert und somit weder einer Diagnostik noch Therapie seiner psychischen Erkrankung zugänglich ist, ergeben sich auf freiwilliger Basis des Angeklagten resultierend keine Alternativen zu seiner Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus.«

Wäre Amtsrichter Eberl tatsächlich von Mollaths Gefährlichkeit überzeugt gewesen, hätte er das Verfahren nun unverzüglich zur Weiterbearbeitung an das Landgericht abgeben müssen, um die Öffentlichkeit vor der angeblichen Gefahr zu schützen. Doch das tat er mitnichten:


* Erst fast fünf Monate später, am 29.12.2005, erklärte sich Eberl für unzuständig und warnte vor einer angeblich »akut« von Mollath ausgehenden Gefahr:

»Die vom Sachverständigen generell vorgenommene Prognose, dass vom Angeklagten infolge seines Zustands weitere erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten seien und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist, findet seine Stütze in dessen Verhalten gegenüber seinem Pflichtverteidiger als auch der weiterhin eingegangenen Nachtragsanklage. Insbesondere alle Personen, die dem Angeklagten aus seiner Sicht Unrecht tun wollen und deshalb in sein Wahnsystem (im Original: Warnsystem) einbezogen werden, sind in der akuten Gefahr, dass sie Opfer weiterer Straftaten des Angeklagten werden.«

Am 3. Januar 2006 wurde die Verfügung des Amtsgerichts durch den Gerichtswachtmeister zur Post gegeben, adressiert an die Staatsanwaltschaft zur Kenntnis und Vorlage der Akten beim Landgericht Nürnberg-Fürth.


* Bei der Staatsanwaltschaft ist die Verfügung auch 17 Tage später eingegangen, am 20. Januar 2006. Diese bemerkenswert lange Zustellungszeit für den Transport einer Akte ins Nebengebäude (!) hat nach den Erkenntnissen von Verteidiger Gerhard Strate einen besonders infamen Grund, der sich aus den Regelungen des damals neu eingeführten Geschäftsverteilungsplans ergibt: Damit auch mit Sicherheit die 7. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Otto Brixner den Fall zur Entscheidung vorgelegt bekommen würde, musste die Strafsache Mollath genau als 4. Fall des neuen Jahres beim Landgericht eingehen. Für eine derartige Punktlandung bedurfte es einer aufwendigen Maßarbeit: Rechtsanwalt Dr. Strate führt in seinem Schriftsatz den lückenlosen Nachweis der entsprechenden Manipulation.

Kurzfassung: 
Die Bearbeitung eines Falls von angeblich akuter Dringlichkeit wurde offenkundig weitere sechs Monate gezielt hinausgezögert, nur um sicherzustellen, dass ein bestimmter Richter über die endgültige Unterbringung Mollaths entscheiden würde. Das Ergebnis dieser von Dr. Strate enthüllten Vorgehensweise lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: Treffer, versenkt!


>> Lesen Sie hier meine weiteren Artikel zum Thema Gustl Mollath

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2 Kommentare:

  1. Sehr schön, wie Sie die 10 Seiten in der Beschwerde des RA Strate auf die wesentliche Aussage zusammengefasst haben.

    Es ist wirklich unfassbar, was sich deutsche Richter in diesem Land erlauben !!

    Ich habe übrigens ähnliches mit dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erlebt. Dort haben die Richter einige Wochen vor einer geplanten Verhandlung eine "Richterin auf Probe" auf Grundlage einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans der 16. Kammer als Vertretung für die relevante 17. Kammer zugewiesen. Diese Richterin auf Probe fungierte dann für gute 4 Wochen als sog. "Berichterstatterin" für mein Verfahren und "mogelte" alles so hin, dass mir meine seit über 5 Jahren dauernde Klage auf Akteneinsichtnahme verweigert worden ist.

    Sie müssen ergänzend wissen, dass die Existenz von "Richtern auf Probe" im GVP gegen Artikel 97 GG, Artikel 101 GG i.V. mit Artikel 6 EMRK verstösst, weil diese "Richter auf Probe" aufgrund Ihres "Probestatus" zwangsläufig nicht unabhängig sind.

    Der Probestatus macht diese Richter willfährig und "erpressbar": Diese "Richter auf Probe" tun alles, um den Probestatuszeitraum erfolgreich zu überstehen und das wird entsprechend nicht nur für politische Zwecke "ausgenutzt".

    Die Bundestagsdrucksache 17/11703 vom 28.11.2012 belegt, dass die Juristen im Deutschen Bundestag DAS auch alles sehr genau wissen, dass das "deutsche Modell Richter auf Probe" in Deutschland gegen alle Prinzipien der Rechtstaatlichkeit verstösst.

    Wohl auch deshalb wurde auch der Grund für diese "Richterin auf Probe" als notwendige Vertretung für die 17. Kammer NIRGENDS vermerkt, denn diese Richterin auf Probe war eigentlich offiziel der 16. (!) Kammer zugewiesen.

    Insofern war diese "Richterin auf Probe" auch deshalb keine gesetzliche Richterin nach Artikel 101 GG. Das Urteil vom 21.06.2012 ist dadurch ungültig und nichtig, weil gesetzliche Richter gefehlt haben !!

    Auch wurde von den Verwaltungsrichtern im dann folgenden Urteil vom 21.06.2012 ausgeblendet und verschwiegen, dass von den Richtern Wochen zuvor ein Psychiatrie-Arzt beauftragt worden worden war, der im Verdacht steht, der Scientology-Sekte nahezustehen. In dieser Scientlogy-Angelegenheit wird mein Fall noch bezüglich des Falls von Gustl Mollath "getoppt". Mit Scientology hatte G. Mollath wohl in den 7 Jahren (glaube ich) nix zu tun. Dr. Weinberger (GEP e.V) hatte über diese "Scientology-Connection" des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen auch in seinem Rundbrief 2/2012 berichtet.

    Der NRW-Verfassungschutz ist darüber informiert, aber hält sich dafür nicht zuständig...

    Alles unfassbar !!

    Der Fall Mollath und die aktuelle Recherche des RA Strate in der Beschwerde vom 26.03.2013 ist bei weitem noch nicht der Gipfel des Haufens mit juristischem "Gullidreck".

    Da können Sie sicher sein !!

    Gruß aus dem Exil
    Rainer Hoffmann

    AntwortenLöschen
  2. Vielen Dank fuer Ihre tiefgreifenden Ermittlungen, ebenfalls aus dem Exil. Ich wurde ebenso mit derartigem Justiz-Dreck beworfen. Ebenfalls ein 'Besucher' des BKH-Bay-schwitz, ebenfalls ein Opfer von zwielichtigen Gefaelligkeits-Gutachten, damit im Gutachten der Schuldspruch begruendet werden kann. Die aktuelle Sach- und Beweislage gab naemlich nichts dazu her......mehr
    http://www.helmutkarsten.homepagestart.de

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