Teil 165 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Mich haben uralte »Heilige Texte«, wie das Mahabharata, und eine mysteriöse Stadt nach Indien gelockt. Altindische Texte berichten von riesigen walzenförmigen Städten, die sich um die eigene Achse drehten ... und das im unendlichen All. Aus diesen Monsterschiffen sollen kleine Vehikel geflogen und zur Erde hinabgestiegen sein. Sie pendelten zwischen »Mutterschiff« und Erde.
Was wie Sciencefiction klingt ... wurde in altindischen Epen bereits vor Jahrtausenden geschrieben. Sollte das »Alte Indien« tatsächlich vor Jahrtausenden von Außerirdischen besucht worden sein? Kamen sie in gigantischen Generationen-Raumschiffen? Pendelten sie in Zubringervehikeln zwischen Mutterstation und Erde? Den altindischen Epen zufolge waren es Götter, die den Weltraum bereisen konnten. Und die über fürchterliche Waffen verfügten. Auch wenn es unglaublich klingt, so ist es doch real: Zwischen Gruppen von Göttern gab es im Himmel über Altindien regelrechte »Starwars«. Dabei wurden Raketen abgeschossen. Diese Götter lockten mich nach Indien! Und da war noch ein ganz besonderes Reiseziel ...
Hatte ich doch gelesen, dass sich dort einst Menschen und Götter getroffen haben sollen. Sie hieß Vijayanagara. Touristen verlaufen sich selten hierher ... in den Nordwesten von Hopset, auf halbem Weg zwischen Penukonda und Bijapur. Der Weg zu einer der geheimnisvollsten Stätten unserer Erde ist beschwerlich, führt über extrem schlechte Straßen.
Einst war diese mysteriöse Stadt von einer wahren »Monstermauer« umgeben, die heute nur noch in Teilen erhalten ist. Noch heute lässt die Präzision der einstigen Steinmetze staunen. Wuchtige Steinquader wurden so präzise bearbeitet, dass sie fast fugenlos auf- und ineinander passen. Da passt auch heute noch keine Messerklinge dazwischen. Bei meinem Besuch löste mein Interesse an der »Monstermauer« Befremden unter den Einheimischen aus. Sollte denn dieser bleiche Fremdling mit einigen Gefährten aus dem fernen Europa nach Vijayanagara gekommen sein, um dicke Steine zu bestaunen?
Über die Geschichte von Vijayanagara, heute Hampi, am Tungabhadra gelegen, ist wenig bekannt. Im Jahr 1443 besuchte Abdul Razzaq, ein berühmter persischer Reisender, die mysteriöse Stadt. Staunend stellte er fest, wie er in seinem Tagebuch notierte: »Ich sah, dass sie (die Stadt) von enormer Größe mit riesiger Bevölkerung war, mit einem König von perfekter Herrschaft. Er besaß tausend Elefanten. Sie findet nicht ihresgleichen in der Welt!«
1565 fielen marodierende muslimische Armeen ein, mordeten und verwüsteten. Was wurde aus den Siegern? Was geschah mit den Verlierern? Wir wissen nicht viel. Ihre Vergangenheit verliert sich im Dunkel der Geschichte. Mag sein, dass in gewaltigen Archiven Indiens bis heute nicht erfasster schriftlicher Texte die genaue Historie von Vijayanagara erfasst wurde ... Bis heute imponieren die Reste der einstigen Monstermauer um Vijayanagara. Wer aufmerksam das riesige Areal durchstreift, steht immer wieder staunend vor Beispielen höchst präziser Steinmetzkunst.
»Von der einstigen Verteidigungsmauer ist so gut wie nichts mehr übrig geblieben ... « erklärt mir fast wehmütig ein einheimischer Guide. »Die muslimischen Truppen haben bei der Eroberung sehr viel zerstört.«
John M. Fritz hat zusammen ein großformatiges Werk über Vijayanagara geschrieben. Erschienen ist es bei »Aperture« in New York, gedruckt und gebunden wurde es in Würzburg ... und gekauft habe ich es vor Ort in Vijayanagara. Die Autoren fassen die besondere Bedeutung der Stadt in einer Kapitelüberschrift zusammen (1): »Where Kings and Gods Meet« ... Wo sich Könige und Götter treffen. Die beiden Autoren führen aus: »Wie andere antike Städte, wo menschliche Geschicke nicht von Mythen getrennt werden können, kann Vijayanagara nicht vollständig begriffen werden, wenn wir uns nur an historische und archäologische Fakten halten!« Weiter heißt es da: »Über zwei Jahrhunderte erfüllte die Stadt die militärischen, verwaltungstechnischen und hauptstädtischen Bedürfnisse von Herrscher und Hofstaat. Seine Funktion war aber eine wichtigere als die einer Hauptstadt eines Hindu Imperiums.
Tatsächlich war Vijayanagara die städtische Verwirklichung von kosmischen Prinzipien, die den Herrscher mit göttlicher Macht ausstattete.« Die Autoren erklären dass die Reiche von Königen und Göttern nicht separat voneinander existierten. Göttliches und Irdisches gingen ineinander über. Götter waren keine Geistwesen, sondern reale hoheitliche Wesen, wie zum Beispiel Gott Ganesha (»Herr der Scharen«), der sich in Vijayanagara großer Beliebtheit erfreute. Ganesha, häufig mit einem mächtigen Elefantenkopf dargestellt, wurde – wie der biblische Adam – aus Lehm erschaffen. Allerdings formte ihn kein männlicher, sondern ein weiblicher Gott, nämlich die Göttin Parvati, »Göttin der Berge«.
Ganesha darf in keinem Haus eines Hindu fehlen, gilt er doch heute noch als Gottheit des Glücks, als »Beseitiger der Hindernisse«, der Weisheit und des Neuanfangs. Es gibt kaum eine Situation im Leben eines Hindu, in der nicht Ganesha angerufen werden kann!
Vijayanagara war einst ein Wunder der prachtvollen Baukunst. Und warum? Wollten die Baumeister nur Prunk bieten für eingebildete Herrscher? Nein! Es galt nicht, nur mächtigen Irdischen zu huldigen. Die Göttlichen waren genauso real wie die Irdischen! Was ist das besondere von Städten wie Vijayanagara? Antwort (2): »Die antiken Sanskrittexte waren Anleitungen (Handbücher) für den Bau von heiligen und säkularen Monumenten. Sie legen fest, wie man Hauptstädte anlegt, definieren den angemessenen dreidimensionalen Rahmen für Begegnungen von Königen und Göttern.«
Aus jener längst vergangenen Zeit der Vorgeschichte, als sich Götter und Menschen trafen, gibt es einige interessante Überlieferungen. Eine dominante Rolle spielte einer der bedeutendsten Götter Indiens überhaupt, der mächtige Shiva. Shiva wurde nicht als körperloses, unsichtbares Geistwesen angebetet. Er wurde als reales, mächtiges Wesen angesehen ... mit durchaus »irdischen« Gelüsten! So fand er Gefallen an hübschen Menschentöchtern. Und wenn eine Schöne nackt badete, wendete er sich nicht verschämt ab. Man könnte Shiva als »göttlichen Spanner« bezeichnen ... und als eitlen Geck. Selbstgefällig beobachtete Shiva, dass ihm eine junge, sehr attraktive Frau regelmäßig Opfer darbrachte.
Die Schönheit hieß Pampa und war eine Tochter des weisen Mantanga. Shiva begnügte sich nicht mit einer platonischen Beziehung. Er verliebte sich und heiratete die attraktive Menschentochter. So paarten sich Gott und Mensch. Der Eheschließung wohnte die Creme der irdischen Gesellschaft und Götter bei!
Noch heute gedenkt man in der indischen Stadt Hampi, dem heutigen Vijayanagara, dieser Hochzeit. Man feiert im »Virupaksha Tempel« (Virupaksha ist der örtliche Name Shivas). Tausende von Pilgern strömen alljährlich im Frühjahr herbei, um den rituell nachgestellten Zeremonien beizuwohnen. So wie Christen das Leben ihres Gottes Jesus Jahr für Jahr im Gottesdienst von der Geburt bis zu Tod und Auferstehung feiern, so erinnert man sich möglichst plastisch an die Zeit, als sich Götter und Menschen paarten. Das uralte Fest, so wird überliefert, soll es schon gegeben haben, als Vijayanagara noch eine blühende Metropole war. Schon die allerersten Herrscher der Stadt verehrten Shiva als »den« Beschützer schlechthin. Sie dankten in pompösen Feiern Shiva und anderen Göttern für die Aufmerksamkeit, die ihnen von den Himmlischen zuteil wurde.
Die Sensation aus Indien wurde rasch von anderen Meldungen aus anderen Teilen unseres Globus verdrängt. So dauerte es dann noch Jahre, bis Gelder für archäologische Ausgrabungen zur Verfügung standen. Erst 1917 führte A. L. Longhurst einige Ausgrabungen vor Ort durch. In den 20er Jahren versuchten einige Experten, die Metropole als Musterbeispiel für antike Städteplanung zu erforschen. Doch auch ihr Interesse ließ rasch nach ... und so blieben die bis in jene Tage halbwegs gut erhaltenen Baudenkmäler schutzlos der »modernen Zivilisation« ausgeliefert. Kostbare Denkmäler verfielen, andere mussten der modernen Städteplanung weichen.
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Autor Langbein in Vijayanagara - Foto: Ingeborg Diekmann |
Was wie Sciencefiction klingt ... wurde in altindischen Epen bereits vor Jahrtausenden geschrieben. Sollte das »Alte Indien« tatsächlich vor Jahrtausenden von Außerirdischen besucht worden sein? Kamen sie in gigantischen Generationen-Raumschiffen? Pendelten sie in Zubringervehikeln zwischen Mutterstation und Erde? Den altindischen Epen zufolge waren es Götter, die den Weltraum bereisen konnten. Und die über fürchterliche Waffen verfügten. Auch wenn es unglaublich klingt, so ist es doch real: Zwischen Gruppen von Göttern gab es im Himmel über Altindien regelrechte »Starwars«. Dabei wurden Raketen abgeschossen. Diese Götter lockten mich nach Indien! Und da war noch ein ganz besonderes Reiseziel ...
Hatte ich doch gelesen, dass sich dort einst Menschen und Götter getroffen haben sollen. Sie hieß Vijayanagara. Touristen verlaufen sich selten hierher ... in den Nordwesten von Hopset, auf halbem Weg zwischen Penukonda und Bijapur. Der Weg zu einer der geheimnisvollsten Stätten unserer Erde ist beschwerlich, führt über extrem schlechte Straßen.
Teil der Stadtmauer von Vijayanagara |
Über die Geschichte von Vijayanagara, heute Hampi, am Tungabhadra gelegen, ist wenig bekannt. Im Jahr 1443 besuchte Abdul Razzaq, ein berühmter persischer Reisender, die mysteriöse Stadt. Staunend stellte er fest, wie er in seinem Tagebuch notierte: »Ich sah, dass sie (die Stadt) von enormer Größe mit riesiger Bevölkerung war, mit einem König von perfekter Herrschaft. Er besaß tausend Elefanten. Sie findet nicht ihresgleichen in der Welt!«
1565 fielen marodierende muslimische Armeen ein, mordeten und verwüsteten. Was wurde aus den Siegern? Was geschah mit den Verlierern? Wir wissen nicht viel. Ihre Vergangenheit verliert sich im Dunkel der Geschichte. Mag sein, dass in gewaltigen Archiven Indiens bis heute nicht erfasster schriftlicher Texte die genaue Historie von Vijayanagara erfasst wurde ... Bis heute imponieren die Reste der einstigen Monstermauer um Vijayanagara. Wer aufmerksam das riesige Areal durchstreift, steht immer wieder staunend vor Beispielen höchst präziser Steinmetzkunst.
»Von der einstigen Verteidigungsmauer ist so gut wie nichts mehr übrig geblieben ... « erklärt mir fast wehmütig ein einheimischer Guide. »Die muslimischen Truppen haben bei der Eroberung sehr viel zerstört.«
Reste einer Präzisionsmauer Foto: W-J.Langbein |
Tatsächlich war Vijayanagara die städtische Verwirklichung von kosmischen Prinzipien, die den Herrscher mit göttlicher Macht ausstattete.« Die Autoren erklären dass die Reiche von Königen und Göttern nicht separat voneinander existierten. Göttliches und Irdisches gingen ineinander über. Götter waren keine Geistwesen, sondern reale hoheitliche Wesen, wie zum Beispiel Gott Ganesha (»Herr der Scharen«), der sich in Vijayanagara großer Beliebtheit erfreute. Ganesha, häufig mit einem mächtigen Elefantenkopf dargestellt, wurde – wie der biblische Adam – aus Lehm erschaffen. Allerdings formte ihn kein männlicher, sondern ein weiblicher Gott, nämlich die Göttin Parvati, »Göttin der Berge«.
Ganesha darf in keinem Haus eines Hindu fehlen, gilt er doch heute noch als Gottheit des Glücks, als »Beseitiger der Hindernisse«, der Weisheit und des Neuanfangs. Es gibt kaum eine Situation im Leben eines Hindu, in der nicht Ganesha angerufen werden kann!
Ein Ganesha in Vijayanagara Foto: W-J.Langbein |
Aus jener längst vergangenen Zeit der Vorgeschichte, als sich Götter und Menschen trafen, gibt es einige interessante Überlieferungen. Eine dominante Rolle spielte einer der bedeutendsten Götter Indiens überhaupt, der mächtige Shiva. Shiva wurde nicht als körperloses, unsichtbares Geistwesen angebetet. Er wurde als reales, mächtiges Wesen angesehen ... mit durchaus »irdischen« Gelüsten! So fand er Gefallen an hübschen Menschentöchtern. Und wenn eine Schöne nackt badete, wendete er sich nicht verschämt ab. Man könnte Shiva als »göttlichen Spanner« bezeichnen ... und als eitlen Geck. Selbstgefällig beobachtete Shiva, dass ihm eine junge, sehr attraktive Frau regelmäßig Opfer darbrachte.
Die Schönheit hieß Pampa und war eine Tochter des weisen Mantanga. Shiva begnügte sich nicht mit einer platonischen Beziehung. Er verliebte sich und heiratete die attraktive Menschentochter. So paarten sich Gott und Mensch. Der Eheschließung wohnte die Creme der irdischen Gesellschaft und Götter bei!
Noch heute gedenkt man in der indischen Stadt Hampi, dem heutigen Vijayanagara, dieser Hochzeit. Man feiert im »Virupaksha Tempel« (Virupaksha ist der örtliche Name Shivas). Tausende von Pilgern strömen alljährlich im Frühjahr herbei, um den rituell nachgestellten Zeremonien beizuwohnen. So wie Christen das Leben ihres Gottes Jesus Jahr für Jahr im Gottesdienst von der Geburt bis zu Tod und Auferstehung feiern, so erinnert man sich möglichst plastisch an die Zeit, als sich Götter und Menschen paarten. Das uralte Fest, so wird überliefert, soll es schon gegeben haben, als Vijayanagara noch eine blühende Metropole war. Schon die allerersten Herrscher der Stadt verehrten Shiva als »den« Beschützer schlechthin. Sie dankten in pompösen Feiern Shiva und anderen Göttern für die Aufmerksamkeit, die ihnen von den Himmlischen zuteil wurde.
Gott Shiva, Bangalore Foto: Deepak Gupta |
Dabei müsste doch Vijayanagara jeden Erforscher der »grauen Vorzeit« faszinieren! Meiner Meinung nach ist Vijayanagara das indische Pendant zu Tiahuanaco in Südamerika. Hier wie dort sollen himmlische Wesen zur Erde herabgestiegen sein. Und – ich wiederhole dieses Faktum – diese Götter waren für die Inder reale Wesen aus himmlischen Gefilden ... aus Fleisch und Blut! Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass sie – für uns Mitteleuropäer manchmal befremdlich, auch als Tiere oder Mensch-Tier-Mischwesen dargestellt werden.
Ein Kuriosum für Nicht-Inder stellen die häufig anzutreffenden Tempel-Äffchen dar. Geschwind sausen sie in den steinernen Heiligtümern umher ... ersteigen Statuen und Tempeldächer, bestaunen kamerabehängte Touristen und lassen sich beim Mittagsschläfchen ungern stören.
Indische Tempeläffchen - Fotos: W-J. Langbein |
Fußnoten
1: Fritz, John: »City oft Victory«, New York 1991, S. 11
Literatur
2: ebenda, Seite 11 unten und 15 oben (Hinweis: Seiten 12-14 sind reine Bildseiten!)
Literatur
Fritz, John: »City oft Victory«, New York 1991
Langbein, Walter-Jörg: »Bevor die Sintflut kam«, München 1996
Langbein, Walter-Jörg: »Das Sphinx-Syndrom«, Berlin 1997
Langbein, Walter-Jörg: »Reisenotizen Indien 1996«, unveröffentlichtes Manuskript
Marco-Polo-Reiseführer: »Indien«, Ostfildern o.J.
Michell, George: »Der Hindu-Tempel«, Köln 1991
Nelles Guides: »Indien Nord«, ohne Ortsangabe, 2. Auflage
»Hanuman, der Göttliche Affe«,
Teil 166 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«,
erscheint am 24.3.2013
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