Teil 76 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
»Da habe ich was für Sie!« raunte mir Professor X nach Abschluss eines Seminars (»Die Kupferrolle und Qumran«) zu. »Sie interessieren sich doch für solche Sachen!« Aus einer in Ehren gealterten Ledermappe holte er ein Schwarzweißfoto und reichte es mir. Es zeigt Jesus am Kreuz. Der christliche Messias hat das Haupt erschöpft zur Seite geneigt.
Zu seinen Füßen haben sich fünf Personen eingefunden. Leider ist das Wandgemälde zum Teil erheblich beschädigt, so dass man nicht so recht erkennen kann, wer da den Sterbenden betrauert. Ist es Maria Magdalena, in Begleitung zweier Jünger? Oder ist es Jesu Mutter Maria mit zwei Jüngern? Eingefunden haben sich auch zwei römische Soldaten. Sie blicken zum Gekreuzigten auf. Im Hintergrund erkennt man eine mittelalterliche Stadt, mit kleinen Türmchen.
»Fällt Ihnen etwas auf?« fragt mich Professor X und schaut mich erwartungsvoll an. »Ist das eine Fotomontage?« erwidere ich und deute auf zwei am Himmel schwebende Objekte rechts und links vom Gekreuzigten, unterhalb des Querbalkens. Professor X verneint. Rechts und links fliegen da ... auf einem christlichen Gemälde ... zwei »UFOs«.
Das Wandgemälde, so erfahre ich, stammt aus der Svetitskhoveli-Kathedrale von Mtskheta, Ostgeorgien. Mtskheta, 20 Kilometer nördlich von Tbilissi gelegen, hat eine Jahrtausende alte Geschichte. Vor Jahrtausenden wurde einem geheimnisvollen Gott namens Ziche, ein prunkvoller Tempel geweiht. Mtskheta hat auch eine lange christliche Tradition aufzuweisen. Heidnische und christliche Geschichte gehen nahtlos ineinander über. Die Svetitskhoveli-Kathedrale wurde vor rund einem Jahrtausend – 1010 bis 1029 – gebaut. Ihr Name lässt sich mit »lebensspendende Säule« übersetzen.
Der mysteriöse Name lässt darauf schließen, dass dem christlichen Gotteshaus eine heidnische Stätte weichen musste. Eine »lebensspendende Säule« erinnert an die Himmel und Erde verbindende heilige Säule, Lanze genannt, in der Unterwelt von Chavin de Húantar ... oder an den »Baum des Lebens« im Alten Testament. Die »lebensspendende Säule« lässt Erinnerungen an eine vorchristliche Gottheit anklingen, die die Natur wachsen und gedeihen ließ. War Ziche so etwas wie ein vorchristlicher Erlöser? Wurde sein Heiligtum von den Christen übernommen, die aus der »lebendsspendenden Säule« das Kreuz des Erlösers machten?
»Timur, der Lahme« zerstörte das Gotteshaus, im 15. Jahrhundert wurde es wieder aufgebaut. Ob es schon damals das mysteriöse Bild der Kreuzigung Jesu gab? Mag sein, aber Belege für diese Annahme gibt es keine. Das heutige Bild wurde von einem unbekannten Künstler um 1650 geschaffen. Wir wissen nichts über den Schöpfer des ungewöhnlichen Gemäldes. Und das Bildnis weist ganz eindeutig deutliche Spuren von willkürlicher Beschädigung auf. Sollte das Kunstwerk zerstört werden?
Was flog da über Golgatha? Für den heutigen Betrachter erinnern beide Objekte an UFOs. In jedem der Objekte ist ein Gesicht zu erkennen, das zum Gekreuzigten herab blickt ... Engel oder Besatzung der Flugobjekte? Professor X zuckt mit den Schultern. »Beide Objekte haben zackenförmige Strahlen ...« sinniere ich. Mir kommen diverse sakrale Gemälde in den Sinn, auf denen Sonne und Mond über der Todesszenerie stehen. Fliegen also keine UFOs über Golgatha im Gemälde in der Svetitskhoveli-Kathedrale, sondern Sonne und Mond? Gegen diese Erklärung spricht, dass beide Objekte sehr tief fliegen. Das eine, vom Betrachter aus links im Bild, schwebt offensichtlich vor der Mauer mit den Türmchen. Also doch nicht Sonne und Mond?
Wiederholt habe ich in den vergangenen Jahrzehnten die Externsteine im Teutoburger Wald besucht. Viele Stunden stand ich vor dem Relief der Kreuzabnahme, dessen Alter umstritten ist. Unzählige Fotos habe ich bei unterschiedlichsten Witterungsverhältnissen aufgenommen. Wann entstand das großformatige Werk? Wurde es von christlichen Künstlern neu geschaffen? Oder arbeiteten sie nur ein sehr viel älteres Motiv um? Diese Frage wird seit mindestens 100 Jahren diskutiert.
In der Darstellung der Kreuzabnahme bei den Externsteine sind Sonne und Mond dargestellt. Sonne und Mond beobachten gemeinsam Jesu Tod. Sie scheinen zu trauern. In beiden Fällen sind in Sonne und Mond Gestalten zu erkennen, deutlicher noch als im Bildnis in der Svetitskhoveli-Kathedrale. Soll so gezeigt werden, dass die gesamte Schöpfung am Geschehen von Golgatha Anteil nahm?
Der biblische Schöpfungsbericht enthält – der heutige Leser ahnt es nicht – Hinweise auf vor biblischen heidnischen Glauben: Einst waren die Gestirne und Planeten göttliche Wesen. Der Gott des Alten Testaments indes degradiert sie zu Lampen, die er als Beleuchtungskörper an den Himmel setzt. Aus christlicher Sicht war dies ein Fortschritt. Doch der biblische Gott erteilte den Menschen den Auftrag, sich die Erde untertan zu machen. Mit der Degradierung von Sonne, Mond und Sternen zu toten Leuchtkörpern ging ein grundsätzlicher Gesinnungswandel einher: Der Mensch konnte den göttlichen Befehl als Alibi verstehen, sich die Natur untertan zu machen ... sprich auszubeuten. Zu Beginn des dritten Jahrtausends erkennen immer mehr Menschen, dass sich »die Natur« nicht unterwerfen lässt. Wir beherrschen keineswegs die Naturgewalten. Die Katastrophe von Fukushima ist der Beweis für die Überheblichkeit des Menschen, der sich die Natur untertan machen möchte.
Doch zurück zur Frage: »Was flog da über Golgatha?« Im Kloster Desani, Kosovo-Metohija, Jugoslawien, wurden bei Restaurierungsarbeiten Fresken entdeckt. Sie waren im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte mit Putz überdeckt worden. Warum? Zeigen sie Details, die theologisch nicht akzeptabel waren ... oder nicht verstanden wurden? Wie auch immer: Eines der Fresken, entstanden um 1350, zeigt eine Kreuzigungsszene, vergleichbar mit der aus der Svetitskhoveli-Kathedrale. Der Künstler ist unbekannt. Die Szene erscheint uns vertraut:
Jünger und Soldaten stehen am Kreuz, blicken zu Jesus. Am Himmel bewegen sich zwei sehr rätselhafte Objekte von links nach rechts. In beiden sitzen Gestalten. Beide Objekte haben Tropenform. Mit Sonne und Mond haben diese Flugobjekte wirklich nichts zu tun. Bleibt die Frage: Was flog da über Golgatha?
Was hatten die Künstler im Sinn? Warum setzten sie ufo-artige Objekte an den Himmel über der Kreuzigung Christi? Sollten sie selbst mysteriöse Himmelsobjekte beobachtet und ihren Bildnissen beigefügt haben?
»Der 13. Jünger«,
Teil 77 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 10.07.2011
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»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
In dieser Kathedrale befindet sich das mysteriöse Gemälde Foto: Robert Ingham USMC |
Zu seinen Füßen haben sich fünf Personen eingefunden. Leider ist das Wandgemälde zum Teil erheblich beschädigt, so dass man nicht so recht erkennen kann, wer da den Sterbenden betrauert. Ist es Maria Magdalena, in Begleitung zweier Jünger? Oder ist es Jesu Mutter Maria mit zwei Jüngern? Eingefunden haben sich auch zwei römische Soldaten. Sie blicken zum Gekreuzigten auf. Im Hintergrund erkennt man eine mittelalterliche Stadt, mit kleinen Türmchen.
»Fällt Ihnen etwas auf?« fragt mich Professor X und schaut mich erwartungsvoll an. »Ist das eine Fotomontage?« erwidere ich und deute auf zwei am Himmel schwebende Objekte rechts und links vom Gekreuzigten, unterhalb des Querbalkens. Professor X verneint. Rechts und links fliegen da ... auf einem christlichen Gemälde ... zwei »UFOs«.
Das mysteriöse Gemälde mit den UFOs Foto: Archiv W-J.Langbein |
Der mysteriöse Name lässt darauf schließen, dass dem christlichen Gotteshaus eine heidnische Stätte weichen musste. Eine »lebensspendende Säule« erinnert an die Himmel und Erde verbindende heilige Säule, Lanze genannt, in der Unterwelt von Chavin de Húantar ... oder an den »Baum des Lebens« im Alten Testament. Die »lebensspendende Säule« lässt Erinnerungen an eine vorchristliche Gottheit anklingen, die die Natur wachsen und gedeihen ließ. War Ziche so etwas wie ein vorchristlicher Erlöser? Wurde sein Heiligtum von den Christen übernommen, die aus der »lebendsspendenden Säule« das Kreuz des Erlösers machten?
UFO zur Linken ... Foto: Archiv W-J.Langbein |
Was flog da über Golgatha? Für den heutigen Betrachter erinnern beide Objekte an UFOs. In jedem der Objekte ist ein Gesicht zu erkennen, das zum Gekreuzigten herab blickt ... Engel oder Besatzung der Flugobjekte? Professor X zuckt mit den Schultern. »Beide Objekte haben zackenförmige Strahlen ...« sinniere ich. Mir kommen diverse sakrale Gemälde in den Sinn, auf denen Sonne und Mond über der Todesszenerie stehen. Fliegen also keine UFOs über Golgatha im Gemälde in der Svetitskhoveli-Kathedrale, sondern Sonne und Mond? Gegen diese Erklärung spricht, dass beide Objekte sehr tief fliegen. Das eine, vom Betrachter aus links im Bild, schwebt offensichtlich vor der Mauer mit den Türmchen. Also doch nicht Sonne und Mond?
UFO zur Rechten Foto: W-J.Langbein |
In der Darstellung der Kreuzabnahme bei den Externsteine sind Sonne und Mond dargestellt. Sonne und Mond beobachten gemeinsam Jesu Tod. Sie scheinen zu trauern. In beiden Fällen sind in Sonne und Mond Gestalten zu erkennen, deutlicher noch als im Bildnis in der Svetitskhoveli-Kathedrale. Soll so gezeigt werden, dass die gesamte Schöpfung am Geschehen von Golgatha Anteil nahm?
Sonne und Mond ... Foto W-J.Langbein |
Eines der UFOs von Desani Foto: Archiv W-J.Langbein |
Jünger und Soldaten stehen am Kreuz, blicken zu Jesus. Am Himmel bewegen sich zwei sehr rätselhafte Objekte von links nach rechts. In beiden sitzen Gestalten. Beide Objekte haben Tropenform. Mit Sonne und Mond haben diese Flugobjekte wirklich nichts zu tun. Bleibt die Frage: Was flog da über Golgatha?
Was hatten die Künstler im Sinn? Warum setzten sie ufo-artige Objekte an den Himmel über der Kreuzigung Christi? Sollten sie selbst mysteriöse Himmelsobjekte beobachtet und ihren Bildnissen beigefügt haben?
»Der 13. Jünger«,
Teil 77 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 10.07.2011
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