Sonntag, 12. Januar 2020

521. »Tebel, die zweite Erde«

Teil 521 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Kain soll auf einen fremden
Planeten verbannt worden sein
Adam wurde, so berichten die »Legenden« aus dem Paradies geworfen. Wir verstehen »Paradies« und »Garten Eden« als ein und denselben Ort. Wir bezeichnen das biblische Paradies auch als den »Garten Eden«. Im geheimnisvollen »Zohar« (andere Schreibweise: »Sohar«) aber wird deutlich zwischen beiden unterschieden. »Zohar«, zentraler Bestandteil der »Kabbala« (zu Deutsch »das Überlieferte«), beschreibt »Paradies« und »Eden« als zwei völlig unterschiedliche Orte! Es mutet wie eine Idee aus dem Script eines Science-Fiction-Films an, der uns für sehr viele Dollarmillionen wahrhaft kosmische Welten präsentiert.

Nach dem »Zohar« (1) »beinhaltete Eden dreihundertundzehn Welten«. Louis Ginzberg erklärt in einer Fußnote (2), dass sich »Eden« nach »Zohar I, 125a« nicht auf der Erde, sondern in himmlischen Gefilden befindet, und zwar im siebten Himmel oder darüber. Sollte es sich bei »Eden« also gar nicht um den idyllischen Paradiesgarten auf Erden handeln? Was ist mit »dreihundertundzehn Welten« gemeint? Dürfen wir spekulieren? Handelt es sich bei »Eden« um eine Ansammlung von Sternen mit 310 Planetenwelten? Wie dem auch sei: In den »Legenden der Juden« geht es reichlich kosmisch zu. Da werden fremde Erden und diverse Himmel beschrieben, von denen einige bewohnt sind.

Manchmal ist es unklar, ob mit dem einen oder dem anderen Himmel ein fremder Planet gemeint sein könnte. Da geht es um Reisen zwischen fremden Welten und der Erde. Der biblische Adam reist zu anderen Planeten und bleibt irgendwie verschollen. Mir scheint, im Lauf vieler Jahrhunderte ist die Grenze zwischen Fantasie und Realität verschwommen. Im Lauf der Jahrhunderte wurden aus den Himmeln der Himmel, der von den Dahingeschiedenen bevölkert wird.

Rekapitulieren wir: Adam fliegt aus dem Paradies, wird nach »erez« transportiert und von dort von Gott nach »adamah« geschafft. Auf »adamah« werden Kain, Abel und schließlich Seth geboren. Kain ermordet Abel und wird zur Strafe auf »erez« verbannt. Als er Reue zeigt bringt ihn Gott nach »arka«. Ob Kain freilich sein Leben auf »arka« genießen konnte, muss dahingestellt bleiben. Ist doch überliefert, dass sich auf jener Welt eine »Hölle« befand. »Engel der Zerstörung« bewachen hier die »Seelen der Bösen« wie Gefängnisaufseher Insassen in einem kosmischen Alkatraz (3). Wurden sie, wie ich 1981 formulierte, in »Lagern« als Gefangene Gehalten?

Foto 2: Eva wird nicht als Reisende
zu fremden Planeten erwähnt.
Fresko (1475) in der Dreieinigkeitskirche
von Hrastovlje ( Slowenien )
von Johann von Kastav.
Seltsam: Über den weiteren Verlauf von Kains Planetenreisen finde ich nichts mehr in den »Legenden der Juden«. Wurde Kain, der Brudermörder, wieder auf die Erde geschafft, oder musste er bis ans Ende seiner Tage auf »arka« bleiben? Adam wird zu fremden Planeten gebracht, von Eva ist bei den fantastisch anmutenden Schilderungen nicht die Rede.

Das Wissen über weitere Planeten wird, so scheint mir, nur fragmentarisch überliefert. Oder Louis Ginzberg hat nicht alle in den äußerst umfangreichen »Legenden der Juden« auftauchenden Informationen über fremde Planetenwelten in sein äußerst wichtiges Sammelwerk aufgenommen.
Sehr interessant ist auch der Planet »herabah« – wörtlich »die Tockene«. Im Gegensatz zum Namen hatte er reichlich Wasser in Form von Flüssen und Bächen zu bieten. Wasser, so berichten die »Legenden der Juden« gab es auch auf »Yabbashah«.

»Tebel« (4) schließlich,  »die zweite Erde«, war von »lebenden Kreaturen bevölkert«, von »365 Arten, alle grundlegend verschieden von jenen auf unserer Erde«. Auf »tebel«, so erfahren wir weiter aus den »Legenden der Juden«, lebten erschreckend aussehende Mischwesen, Kreaturen die nicht einer natürlichen Evolution entsprungen sein können. Bilder wie aus einem Gruselkabinett eines modernen Frankenstein werden plastisch beschrieben (5): »Manche haben Menschenköpfe auf dem Körper eines Löwen oder einer Schlange oder eines Ochsen; andere haben Menschenkörper mit den Köpfen jener Tiere. Außerdem wird Tebel bevölkert von menschlichen Wesen mit zwei Köpfen und vier Händen, in der Tat haben sie alle Organe zweifach mit Ausnahme des Leibes.«

Diese Beschreibung aus den »Legenden der Juden« erinnert mich an so manche reliefartige Darstellung an uralten indischen Tempeln, die ich vor Jahren besuchen durfte. Die Kleinstadt Konarak, am »Golf von Bengalen« gelegen, ist gut von Puri aus zu erreichen. Wer den indischen Bundesstaat Odisha besucht, sollte unbedingt die Tempelanlage von Konarak einplanen.

Die Bauarbeiten am »Sonnentempel« wurden vermutlich Mitte des 13. Jahrhunderts, wahrscheinlich anno 1243, von König Narasimha Deva (Regierungszeit 1238 - 1264) in Auftrag gegeben. Bei meinem Besuch im November 1995 wurde emsig restauriert. Hunderte Arbeiter schufteten für wenig Geld nach altüberlieferten Methoden ohne heutige Geräte. Sie verarbeiteten Materialien wie vor rund 1.500 Jahren.

Foto 3:
Schlangen-
Mensch-
Wesen
Der »Wagen des Sonnengottes« ist reich mit unglaublich detailreich herausgearbeiteten Halbreliefs versehen. Der Reiseführer von Marco Polo erklärt (2): »In die … Mauern sind Blätter, Tiere, mystische Wesen, Musiker und Tänzer eingemeißelt. Zwei Löwen bewachen den Eingang. Auf jeder Seite des Tempels zertrampeln ein kolossaler Kriegselefant und ein Pferd gegnerische Krieger. Überlebensgroße Paare tanzen im erotischen Vorspiel.«

Im fast schon unüberschaubaren Getümmel der unterschiedlichsten Figuren werden die meiner Meinung nach besonders interessanten Nagas (Foto 3!) leicht übersehen. Viele europäische Besucher haben nur Augen für die erotischen Darstellungen. Nagas, »Schlangen«-Gottheiten, gibt es in verschiedenen Variationen: Manchmal treten sie als Mischwesen auf, als Mensch mit Schlangenkopf oder als Schlange mit Menschenkopf. Manchmal werden sie als vollständige Schlangen gezeigt. Es gibt aber auch Nagas mit Schlangenleib und mehreren Schlangenköpfen. Die Schlangengottheiten haben in der alten indischen Tradition erstaunliche, weil magische Fähigkeiten.

Foto 4: Konarak...
Mischwesen wie von Eusebius
beschrieben...
Auch heute neigen viele Wissenschaftler dazu, derlei Kreaturen als reine Hirngespinste oder »symbolisch gemeinte Darstellungen«  abzutun. Die mit reichlich Phantasie ausgestatteten Dichter sollen einfach unterschiedliche Tiere mit Menschen kombiniert haben, um ganz außergewöhnliche Wesen zu erschaffen, die in sich ganz unterschiedliche Fähigkeiten vereinten. Aber waren diese mysteriösen Wesen wirklich nur Produkte der menschlichen Erfindungsgabe?

Warum hört man nicht auf die antiken Historiker, die sich ganz konkret zu den monströsen Schöpfungen äußern? Historiker Eusebius zum Beispiel lässt auch nicht den geringsten Zweifel aufkommen: Monströse Mischwesen, Geschöpfe der Götter, hat es ganz real und in Fleisch und Blut gegeben (6):

»Menschen mit Schenkeln von Ziegen und Hörnern am Kopfe, noch andere, pferdefüßige, und andere von Pferdegestalt an der Hinterseite und Menschengestalt an der Vorderseite. Erzeugt hätten sie (die Götter, Ergänzung des Autors) auch Stiere, menschenköpfige, und Hunde, vierleibige, deren Schweife nach Art der Fischschwänze rückseits an den Hinterteilen hervorliefen, auch Pferde mit Hundeköpfen...sowie andere Ungeheuer, pferdeköpfige und menschenleibige und nach Art der Fische beschwänzte, dazu weiter auch allerlei drachenförmige Unwesen und Fische und Reptilien und Schlangen und eine Menge von Wunderwesen, mannigfaltig gearteten und untereinander verschieden geformten.«

Foto 5: Auch am Dom zu Paderborn gibt es Mischwesen.

Weltweit gibt es diese Mischwesen: an indischen Tempeln in Stein, in den »Legenden der Juden« auf einem fremden Planeten und im fantastisch anmutenden Text des Historikers Eusebius. Gruselige Mischwesen machte ich auch am berühmten Paradiestor des Doms zu Paderborn aus. Teils erinnern die steinernen Monstrositäten an Saurier, teils vollkommen fremdartig.


Foto 6: Der Fantasie entsprungen... oder doch nicht…
(Dom zu Paderborn)

Was die Darstellungen in Wort und Bild aus alten Zeiten für mich wirklich zu schrecklichen Visionen macht? Man kann sie leider nicht mehr einfach nur als verrückte Fantasiegebilde abtun. Ich wünsche mir sehr, dass diese Kreaturen vor Jahrhunderten und Jahrtausenden nur als reine Fantasieprodukte entstanden sind. Ich hoffe sehr, dass die Horrorwesen, die Eusebius so plastisch beschrieb und die unbekannte Künstler vor Jahrhunderten am Paradiestor des Doms zu Paderborn anbrachten, nie real existiert haben.

Foto 7 ...Fantasie oder doch Realität von einst...
(Dom zu Paderborn)

Leider muss man aber davon ausgehen, dass derlei Grausamkeiten aus Fleisch, Blut und Knochen schon heute in geheimen irdischen Labors entwickelt werden. Aber auch ganz offiziell geht man schon sehr weit. Frankenstein lässt grüßen! Sommer 2019: Der japanische Stammzellenforscher Prof. Hiromitsu Nakauchi (*1952) darf mit offizieller Genehmigung der japanischen Regierung menschliche Zellen in Tierembryonen einpflanzen und so Mensch-Tier- Kreaturen erschaffen. Ich bin davon überzeugt, dass man in geheimen Labors schon heute noch viel weiter ist. Militärstrategen  sind daran interessiert, Tier-Mensch-Soldaten einzusetzen, die mehr Robotern als beseelten Lebewesen gleichen. Experimente, die theoretisch möglich sind, werden garantiert irgendwo verwirklicht, weil Experimente schon um ihrer selbst willen ausgeführt werden, oder einfach nur um auszutesten, was möglich ist.

» Japan erlaubt Züchtung von Mensch-Tier-Chimären« vermeldete »SPIGEL ONLINE« am 4.3.2019 in der Rubrik »Wissenschaft«. So oder so ähnlich formulierten es die Medien weltweit. Laut »ÄRZTE ZEITUNG« (online 31.7.2019)  hält der Vorsitzende des »Deutschen Ethikrates« Professor Peter Dabrock »das Verfahren auch in Deutschland für denkbar, weil bei den Versuchen keine aus Embryonen gewonnenen iPS-Zellen verwendet werden sollen«. Prof. Dabrok wird weiter wie folgt zitiert: »Wenn bei der Forschung keine Embryonen verbraucht werden, dann wären solche Versuche auch in Deutschland nach Embryonenschutzgesetz wie nach Tierschutzgesetz zulässig.« Einiges ist schon zulässig, möglich ist viel mehr. Was möglich ist, wird garantiert irgendwo in modernen »Frankensteinlabors« verwirklicht.

Was Ethikkommissionen dazu meinen, ist für die Experimente dort belanglos. Der Begriff »Fortschritt« wird von so manchem Experimentator sehr unethisch verstanden.

Foto 8: Adam am Baum des Lebens, Holzstich,
Mitte 16. Jahrhundert. Fotocollage gespiegelt.


Fußnoten
(1) Ginzberg, Louis: »The Legends of the Jews«, veröffentlicht von der »Jewish Publication Society of America«, Taschenbuchausgabe, Baltimore 1998, Band 1, Seite 21, 12. und 13. Zeile von oben: »Eden, containing three hundred and ten worlds.« Übersetzung ins Deutsche Walter-Jörg Langbein.
(2) Ebenda, Band 4, Seite 30, Fußnote 84, 9.-14. Zeile von oben. Übersetzung ins Deutsche Walter-Jörg Langbein.
(3) Ebenda, Band 1, Seite 10, 13.-15. Zeile von unten. Übersetzung ins Deutsche Walter-Jörg Langbein.
(4) Ebenda, 3.-7. Zeile von unten. Übersetzung ins Deutsche Walter-Jörg Langbein.
(5) Ebenda, 8.-10. Zeile von unten. Übersetzung ins Deutsche Walter-Jörg Langbein.
(6) Zitiert nach Däniken, Erich von: »Die Augen der Sphinx/ Neue Fragen an das alte Land am Nil«, München 1989, S. 68 unten und S. 69 oben. Dort angegebene Quelle: Karst, Josef: »Eusebius Werke, 5. Band, Die Chronik, Leipzig 1911«

Zu den Fotos
Foto 1: Kain soll auf einen fremden Planeten verbannt worden sein (Foto: Kirche von Urschalling). Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Eva wird nicht als Reisende zu fremden Planeten erwähnt. Fresko (1475) in der Dreieinigkeitskirche von Hrastovlje ( Slowenien ) von Johann von Kastav.
Foto 3: Am Tempel von Konarak tummeln sich Mischwesen mit Schlangenleib und Menschenköpfen (Nagas). Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Konarak... Mischwesen wie von Eusebius beschrieben... Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Auch am Dom zu Paderborn gibt es Mischwesen. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Der Fantasie entsprungen... oder doch nicht… Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7 ...Fantasie oder doch Realität von einst... Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Adam am Baum des Lebens, Holzstich, Mitte 16. Jahrhundert. Fotocollage gespiegelt.


522. »Sieben Erden und ›unmögliches‹ Wissen«,
Teil 522 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 19. Januar 2020


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