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Sonntag, 3. Februar 2013

159 »Uaxactún und der Krieg der Sterne«

Teil 159 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Greis, Greisin oder
blutrünstiger Gott -
Foto W-J.Langbein
In Copán fotografierte ich einen monumentalen Schädel aus Stein, der bislang nicht identifiziert werden konnte. Hat der Künstler einen altehrwürdigen Greis oder eine Greisin dargestellt ... oder einen blutrünstigen Gott, zu dessen Ehren Gefangenen die Köpfe abgeschlagen wurden?

Schon vor drei Jahrtausenden, um 1.000 v.Chr., war Uaxactún bewohnt. 350 v.Chr. wurde sie – warum auch immer – verlassen. Kurz darauf besiedelten die Mayas wieder die einstige Metropole. Im neunten Jahrhundert n.Chr. erlosch sie erneut. Auch die Siedlungsgeschichte von Tikal reicht bis ins erste vorchristliche Jahrtausend zurück, wurde im dritten nachchristlichen Jahrhundert zur Rivalin von Uaxactún.

Es scheint so, als habe Tikal über Jahrhunderte hinweg ein Wettrüsten der besonderen Art veranstaltet: Wem würde es gelingen, noch prunkvollere, noch majestätischere Bauten zu errichten? Uaxactún, etwas mehr als 20 Kilometer im Norden von Tikal gelegen, unterlag ... im Krieg der Sterne. Die kriegerischen Attacken wurden von den Astronomen bestimmt. Markante Punkte im Venuszyklus, aber auch Konstellationen von Jupiter und Saturn bestimmten, wann angegriffen wurde. Später übernahmen die Azteken diese Form der Kriegsführung. Nach christlicher Zeitrechnung verlor Uaxactún seine Unabhängigkeit am 16. Januar 378. Die einst stolzen Erbauer des »Tempels der Masken« waren besiegt.

Tempel der Masken von Uaxactún
Foto: Walter-Jörg Langbein
»Rauch-Frosch« – so vermeldet eine Stele der Sieger von Tikal – »riss die Bauten von Uaxactún nieder« und »machte sie dem Erdboden gleich«. Ob dieses Triumphs brachte »Groß-Jaguar-Tatze«, König von Tikal, den Göttern ein Blutopfer dar. Die wissenschaftliche Literatur spricht von einem »Blutentnahmeakt«, der auf Stele 31 beschrieben wird. Offenbar enthüllen die Glyphen auf der Stele, die heutige Forscher teilweise wie ein Buch lesen können, dass der König »punktiert« wurde.

In Uaxactún schilderte ein Guide genüsslich die höchst schmerzhafte »Blutspende«, die dem Geschlechtsteil des Königs entnommen wurde. Möglicherweise griff der Regent zu diesem feierlichen Akt selbst zum Skalpell. Möglicherweise übernahmen sachkundige »Mediziner« diesen Eingriff. Wie auch immer: Der Lebenssaft des Königs verwandelte den militärischen Sieg der Truppen von Tikal zu einem »geweihten Tag«.

Es floss aber nicht nur das Blut des Königs. Ein zweiter Glyphentext am Rand des Ballspielplates verweist auf weitere Opfer hin: Gefangene, die nach Abschluss der Kriegshandlungen förmlich abgeschlachtet wurden. Eine Glyphe beinhaltet die Darstellung eines Kopfes. Es soll sich um die Abbildung eines »alten Gottes« handeln. Das steinerne Haupt eines »greisen Gottes« stellt in Copán noch viele Fragen ...

Für den alten Gott wurden Köpfe abgeschlagen ... Foto W-J.Langbein
In Tikal wurde eine steinerne Abbildung dieses Gottes gefunden. Die Darstellung wirkt makaber-unheimlich: Der »alte Gott« sitzt auf einem Schemel aus menschlichen Oberschenkelknochen. In den Händen hält er ... einen abgeschlagenen Kopf. Nicht entziffert werden konnte bislang der Name dieses himmlischen Herrschers. Im Christentum gibt es unzählige Heilige. Pantaleon, zum Beispiel, wird als Patron der Ärzte und Hebammen verehrt. Er soll auch bei Kopfschmerz helfen. Der alte Gott auf dem Knochenstuhl war wohl der Patron des »Menschenopfers durch Kopfabschlagen«.
So wurden vermutlich anlässlich der Eroberung von Uaxactún die Vornehmen der Stadt durch Kopfabschlagen dem grausigen Gott geopfert ... anlässlich der Siegesfeierlichkeiten. Der gedemütigte Regent von Uaxactún wurde sicherlich in Tikal öffentlich enthauptet ... vor der jubelnden Schar der Sieger.

Dabei hatten die Krieger von Uaxactún zunächst an den Sieg über Tikal geglaubt ... und die blutige Schlacht dann doch verloren! Sie hatten doch vor dem Kampf der Mayas gegen Mayas peinlich genau den Regeln folgend zunächst tagelang gefastet, dann die vorgeschriebenen Reinigungs- und Opferrituale vollzogen! Die Truppen von Tikal aber hatten aufgerüstet, sich mit Speerschleudern eingedeckt. Diese Waffen wurden sonst bei der Jagd eingesetzt, als Kriegswerkzeug dürften sie den Ausschlag für den Sieg der Truppen von Tikal gegeben haben.

Noch heute sind die Ruinen von
Uaxactún imposant!
Foto: W-J.Langbein
»Die Krieger von Tikal waren nicht nur waffentechnisch überlegen, sondern auch hinterhältiger!« Diesen Satz schleuderte mir ein Guide förmlich entgegen. »Ihre Strategie ging auf! Zunächst schien es so, als ob die Krieger von Uaxactún jene von Tikal aufreiben würden. Der brutale Kampf Mann gegen Mann forderte auf beiden Seiten viele Opfer. Vor allem wurden die Krieger auf beiden Seiten geschwächt. Als die Kämpfer ermattet waren, tauchten plötzlich einige ausgeruhte Hundertschaften von Tikal-Kriegern aus Verstecken auf. Sie waren noch frisch ... und metzelten die erschöpften Männer von Uaxactún wie Tiere nieder!«

Der Sieg über Uaxactún galt als epochal. Nicht nur die kämpfenden Krieger der Welt der Lebenden galten als unterworfen. »Der König von Uaxactún war unterworfen worden!« erklärte mir mein Guide. »Und damit war auch entschieden, wer das Portal zum Jenseits von Uaxactún beherrschen würde ... der König von Tikal!«

Die Menschen von Uaxactún glaubten, dass ihr König über sie und über das Tor zum Jenseits herrschte. Dort hausten seine zu Göttern erhobenen Vorfahren, die ihren »Sprössling« belehrten. Nun aber war dieses Tor zur Anders-Welt dem König von Tikal in die Hände gefallen. So lange dieser verhasste »Rauch-Frosch« an der Macht blieb, so lange seine Nachfolger das Jenseitsportal besetzt hielten, so lange würden sie auch über die Toten von Uaxactún verfügen und die Jenseitigen beschwören können!

Reste der Struktur von Uaxactún
Foto: W-J.Langbein
Der »Krieg der Sterne« bestimmte die »neuen« Kriege, die mit »magischen Kräften« nicht nur die Lebenden, sondern auch die toten Ahnen unterjochten. Die neuen Kriegsstrategen versuchten immer wieder, sich den Venus-Gott gewogen zu machen. »Rauch-Frosch« jedenfalls machte Karriere. Oberster Kriegsboss auf der Seite von Tikal war König »Groß-Jaguar-Tatze«. Das Oberkommando über die Truppen von Tikal hatte »Rauch-Frosch«. Nach seinem Sieg über Uaxactún stieg er zum »ahau«, zum regierenden Fürsten der unterworfenen Stadt Uaxactún auf ... nicht aber zum König! Mag sein, dass »Rauch-Frosch« auf den Königsjob gehofft hatte. Am 13. September 379 christlicher Zeitrechnung erstieg aber ein Lokalfürst namens »Schnute« den Thron. Nicht geklärt konnte bis heute werden, warum denn »Rauch-Frosch« übergangen wurde, zumal die heutige Forschung »Rauch-Frosch« für den Bruder des Königs von Tikal hält!

Sieger neigen immer dazu, ihre militärischen »Erfolge« zu übertreiben. »Rauch-Frosch« – so behauptet ja eine Stele der Sieger von Tikal – »riss die Bauten von Uaxactún nieder« und »machte sie dem Erdboden gleich«. Das scheint nicht ganz zu stimmen. Ein archäologisch versierter Guide versicherte mir vor Ort: »Teile der ursprünglichen Architektur sind noch zu erkennen! Aber leider wird wohl Uaxactún nie mehr als das astronomische Buch in Stein gelesen werden können, das es einst war! Weil die Struktur Uaxactún weitestgehend zerstört wurde. Und weil erst ein Bruchteil der Bauten, die als Ruinen überlebt haben, rekonstruiert wurde!« Auch in Uaxactún fehlt das Geld für umfangreiche archäologische Arbeiten.

Reste des Astronomiebuchs in Stein
Foto: W-J.Langbein
Die »Kriege der Sterne« wurden in Uaxactún nach Vorgaben der Astronomen geführt. Astronomen legten fest, wann wichtige Schlachten angesetzt werden mussten ... nach dem Stand der Sterne. So verwundert es nicht, dass Uaxactún so etwas wie eine Hochburg der Astronomie war. Und die Gebäude der Urstruktur formierten sich zu einer astronomischen Maschine in Stein. Vom »Tempel der Masken« aus wurden »kleine« Bauten angepeilt. Und wenn zum Beispiel die Sonne genau über bestimmten Markierungen auftauchten, dann kennzeichnete das signifikante Termine wie Sonnwendzeiten.

Es mag sein, dass das Wissen der Maya-Astronomen vor vielen Jahrhunderten von kriegerischen Königen missbraucht wurde ... so wie die Erkenntnisse von Forschern, die Raumfahrt in den Kosmos ermöglichen wollten, von den Militärs für ihr blutiges Geschäft »nutzbar« gemacht wurden!

»El Ceibal – Vampire und altes Gemäuer«,
Teil 160 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 10.02.2013


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Sonntag, 27. Januar 2013

158 »Geheimnisvolle Stelen, mysteriöse Altäre«

Teil 158 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein

Einer der kuriosen Altäre
von Copan - Foto: W-J.Langbein
Aus der Luft betrachtet, bietet Copán Erstaunliches: Haben doch die Mayas einst den gesamten Bereich der Stadt und seine »Vororte« mit einem komplexen Kanalisationssystem versehen. Vor Ort versicherte man mir: Die Mayas überzogen das Land mit Kanälen von insgesamt einigen Tausend Kilometern Länge! Die – in den Augen noch so mancher heutiger Zeitgenossen – »primitiven« Mayas wären entsetzt gewesen ob der hygienischen Zustände in Europas Metropolen zur Maya-Zeit. Damals kippte der »kultivierte« Londoner, Pariser oder Römer sein Abwasser einfach aus dem Fenster ...

Barbarisch war auch der Umgang der »zivilisierten« Europäer mit der uralten Kultur der Mayas. Ihr gesamtes Schrifttum wurde verbrannt. So gingen wahre Schätze wissenschaftlicher Literatur der Maya-Experten, etwa in Sachen Astronomie, verloren ... während an den Universitäten Europas Astrologie noch als »wissenschaftliches« Lehrfach unterrichtet wurde. Und während in Europa »Ketzer« gefoltert wurden ... blühte in Copán die wissenschaftliche Astronomie. Copán, so stellte Maya-Forscher Sylvanus Griswold Morley (7.Juni 1883 bis 2. September 1948) fest, war das glänzende Zentrum der Wissenschaft.

»Morley war einer der führenden Maya-Experten seiner Zeit ...« erklärte mir mein Guide vor Ort. »Er erkannte, dass die Mayas so etwas wie ein astronomisches System verewigten ... indem sie Stelen an exakt berechneten Stellen errichteten.« Ich hake nach: »Aber ist die These von astronomischen Beobachtungslinien nicht längst widerlegt? Oft kann man doch gar nicht von einer Stele zur anderen peilen, weil Bergrücken dazwischen liegen ...« Milde lächelte mein Guide: »Aber das beweist doch, dass die Mayas über ein unglaubliches astronomisches Wissen verfügten! Sie errechneten die astronomisch bedeutsamen Linien ... verewigten ihr Wissen in Stein!«

Stele A zeigt Mensch,
Herrscher und Gott.
Foto: W-J.Langbein
Nochmals fragte ich nach: »Aber stellen die Stelen nicht so etwas wie einen steinernen Wald dar?« Nachsichtig erklärte mein Guide weiter: »Aber das ist doch kein Widerspruch! Die Stelen sind ›steinerne Bäume‹, die an astronomisch bedeutsamen Punkten sitzen!«

Stele A, zum Beispiel, steht auf dem »Platz der Sterne«. Mein Guide: »Nach mündlicher Überlieferung gab es eine Verbindung zwischen dem Kosmos und den Stelen. Zumindest einige von ihnen bilden so etwas wie ein Kartenwerk des Weltalls, mit wichtigen Sternen ... Das konkrete Wissen über die Mayas und kosmische Bilder ist verloren gegangen ...« Menschliches und Göttliches verschmilzt bei den mysteriösen Maya-Stelen von Copán. So zeigt Stele A einen irdischen Maya-Regenten, dessen Gesichtszüge aber göttlich sind. Seine Augen sind typisch für Darstellungen des Sonnengottes.

Stele A zeigt, so heißt es, Waxaklajuun Ub'aah K'awiil, den 13. von sechzehn Herrschern. Stele A, die als eine der schönsten gilt, sollte so schnell wie möglich durch eine Kopie ersetzt und in einem klimatisierten Museum vor weiterem Verfall bewahrt werden.

Stele D: Irdischer
Herrscher mit
Göttermaske
Foto: W-J.Langbein
Stele D zeigt den irdischen Herrscher, der sich aber als himmlisches Wesen, als Gott verkleidet. So trägt er nach heutigem Verständnis eine Maske vor dem Gesicht, mit Öffnungen für die Augen und den Mund. Der weltliche Machthaber präsentiert sich als greisenhafter Gott, vielleicht als Sonnengott. Mein Guide: »Die Götter und Göttinnen der Mayas waren keine Geistwesen, sondern reale Gestalten aus Fleisch und Blut. Die Regenten versuchten, diesen Himmlischen ähnlich zu sehen. Sie wollten ihnen gleichen, wollten ihre Autorität beanspruchen, um sich so ihre Vormachtstellung zu sichern!« Wahrscheinlich haben die letzten Herrscher von Copán den Götterkult übertrieben. Das einfache Volk hungerte, musste zu Ehren der Götter immer neue Stelen aufstellen!«

Mit primitivsten Mitteln mussten prächtige, tonnenschwere Stelen oft viele Kilometer weit befördert werden ... oft bergan. Nach Anweisungen der Priesterastronomen musste jede an einer ganz genau errechneten Position platziert werden. Mag sein, das das hungernde Volk der Obrigkeit den Gehorsam verweigerte.

Diese Überlegungen mögen einleuchten, sind aber reine Gedankenspiele. Nirgendwo findet sich ein Hinweis in Glyphenform, dass die schweren Arbeiten so etwas wie Sklavendienste und nicht freiwillig waren.

Altar G - Fotos:

 W-J.Langbein
Meiner Meinung nach wird von Seiten der Wissenschaft viel zu wenig die mündliche Überlieferung der Nachkommen der Mayas berücksichtigt. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass die Herren Wissenschaftler mit Arroganz auf die Nachkommen der einstmals so stolzen Mayas herabblicken. Sie, die modernen Wissenschaftler, wollen sich von den »schlichten« Menschen aus dem Raum Copán nicht sagen lassen, was ihre Urahnen darstellen wollten. So heißen die zum Teil kuriosen Skulpturen nach wie vor Altäre, obwohl feststeht, dass sie alles gewesen sein mögen ... nur eben keine Altäre.
»Altar G«, so heißt es in der mündlichen Überlieferung, stellt ein Wunderwesen dar, das zwei Häupter hat. Eines blickt nach links, eines nach rechts. Die linke Hälfte symbolisiere den Tod, das Sterben, das scheinbare Ende. Die rechte Seite stelle die Wiedergeburt, das Wiedererstehen des Lebens dar.

An den schmalen Seiten des mysteriösen »Altars« sind Köpfe zu erkennen. Sie sind sauber und realistisch herausgearbeitet, sie sind naturalistisch. Die übrigen Bereiche muten wie abstrakte Gemälde oder unverständliche Symbole an. Die mündliche Tradition jedenfalls geht von zwei Häuptern einer Kreatur aus: nach links blickt das Haupt des Todes und des Sterbens, nach rechts das der Wiedergeburt und des Lebens.

Häupter des Todes und des Lebens
Fotos: W-J.Langbein
Auch wenn die Nachkommen der Mayas Nachfahren von Nachfahren von Zwangschristianisierten sind ... so blieb doch die uralte Maya-Vorstellung vom ewigen Kreislauf des Lebens erhalten.

Auf uns wirkt Copán mit seinen steinernen Stelen ... die auch als steinerne Bäume gesehen werden ... und mit seinen bizarren Skulpturen geheimnisvoll und rätselhaft. Die Vorstellung von einer sich ewig, zyklisch wiederholenden Zeit ist uns fremd. Unser Denken ist vom christlichen, linearen Weltbild geprägt. Da gibt es einen Nullpunkt (Schöpfung) und einen Endpunkt (Apokalypse der endgültigen Zerstörung). Die Zeit ist also endlich.

Und wenn wir nur für einen begrenzten Zeitraum auf Planet Erde zu leben haben, kann man ja sorglos seinem Egoismus frönen und mit den Ressourcen unserer Erdkugel verschwenderisch umgehen. Es naht ja nach dieser Vorstellung das Weltenende, die Apokalypse. Wieso sollte man dann noch schonend mit »Mutter Erde« umgehen? Wenn man aber von ewiger Wiederholung ausgeht, wenn es keinen Anfang und kein Ende gibt, dann müssen die Ressourcen an Rohstoffen auch endlos zur Verfügung stehen.

Wir aber leben heute so, als könnten wir ohne Bedenken alle Rohstoffe verbrauchen, weil das Ende sowieso »vor der Tür« steht. Wir konsumieren heute, was unsere Nachkommen morgen bitter entbehren müssen. Schlimmer: Wir verschwenden schon heute, während ein stetig wachsendes Heer von Menschen bittere Armut leidet und hungert. Wir sollten uns, wenn es nicht schon längst zu spät ist, endlich konsequenter der Maya-Denkweise bedienen ...

Mysteriöse Skulpturen und Altäre sind und bleiben rätselhaft. Ob wir die Geheimnisse der Mayas je wirklich verstehen werden? Ich habe da meine Zweifel. Die Kunstwerke von Copán – wie zum Beispiel ein an Loriot erinnerndes knollnasiges Männchen – bedürfen der Erklärung. Vielleicht gab es sie einst: die Codices der Mayas, die man wie ein Buch lesen könnte. Aber leider wurden die Texte ja verbrannt ...

Mysteriöse Knollennase - Foto: W-J.Langbein
»Uaxactún und der Krieg der Sterne«,
Teil 159 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 03.02.2013


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Sonntag, 20. Januar 2013

157 »Die Lady in der Quecksilbergruft und Bäume aus Stein«

Teil 157 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Die Könige Yax K'uk' Mo' und
Yax Pac (rechts) auf Altar q.
Foto: W-J.Langbein
Im Frühjahr 822 nach Christus endet die Geschichte von Copán. In jenem Jahr herrschte Ukit Took', der »Nachfolger« von Yax Pac. »Altar q« zeigt die Übergabe des Herrscherstabs an den »letzten« Regenten von Copán, an Yax Pac. König Ukit Took, sein Thronfolger, fehlt auf der offiziellen Königs-Liste. Warum? Offenbar wurde Ukit Took' nicht mehr zeremoniell gekrönt. Warum kam es nicht mehr dazu? Ein steinernes Monument belegt das abrupte Ende der Geschichte von Copán. Obwohl das steinerne kleine Monument stark verwittert ist, ist es das jüngste von Copán. Es wurde nie vollendet. Der Steinmetz hat damit begonnen, ein Relief zu erstellen ... brach aber seine Arbeit ab.

Was führte zum abrupten Ende von Copán? Wurde Copán von feindlichen Truppen eingenommen? Dafür gibt es keine Belege. Wurde Copáns letzter König der Dynastie in einer Revolution gestürzt? Auch dafür gibt es keinen Anhaltspunkt. Die einst so wichtige Metropole scheint ganz plötzlich vollkommen bedeutungslos geworden zu sein. Wurde die Stadt von einer Epidemie heimgesucht, die alle Bewohner dahinraffte? Leider gibt es keine echten Mayaaufzeichnungen über die Historie von Copán, die man wie ein Buch lesen könnte ...

Fakt ist: Die Bevölkerung von Copán wuchs vor dem Ende rapide an. Führte das zu Hungersnöten? Offenbar kam es zum Notstand, als die einst bewaldeten Berghänge – auch im Rahmen der ausufernden Bautätigkeit – immer stärker abgeholzt wurden. Als dann noch in der Flussebene immer mehr sakrale Bauten errichtet wurden, schwand die landwirtschaftlich nutzbare Fläche. Wurde aus religiösen Motiven der Maisbauern die Lebensgrundlage entzogen, weil imposante Bauten für die Obrigkeit immer wichtiger wurde als Ackerland? Kam es vielleicht doch zur Rebellion der Bauern gegen die im Wohlstand schwelgende Obrigkeit? Versank danach Copán in der Bedeutungslosigkeit? Wurde die einst stolze Stadt von ihren Bewohnern verlassen? Verfielen Bauten wie »Tempel 16« zusehends?

Tempel 16 birgt noch viele
Geheimnisse ... - Foto: W-J.Langbein
Auch wenn es Schulwissenschaftler nicht gern zugeben: Die Fragen zum Ende von Copán sind bis heute nicht beantwortet worden. Man kann eben leider nicht in der Historie von Maya-Städten wie Copán lesen, weil die kostbaren Codices der Maya-Chronisten rigoros und sehr »erfolgreich« zusammengetragen und verbrannt wurden!

Und die steinernen Relikte der einst so bedeutenden Stadt, die gern als das »Paris der Mayas« bezeichnet wird, konnten erst zu einem kleinen Teil erforscht werden! Und das liegt an einer Besonderheit der Maya-Baumeister: Die Architekten der steinernen Tempel bauten im Verlauf der Jahrhunderte übereinander. Sie hatten wohl zu viel Respekt vor den alten Bauten, als dass sie sie hätten niederreißen können. Und so bestatteten sie geradezu liebevoll und sanft sakrale Bauten, um dann darüber ... wie eine neue Haut, Nachfolger zu errichten.

Sie bauten nicht einen neuen Tempel auf einen alten. Sie benutzten nicht ein älteres Bauwerk als Fundament für ein neues. Vielmehr stülpten sie dem älteren Gebäude ein neues über. Das geschah wiederholt, mehrfach nacheinander.

»Tempel 16« macht heute einen eher maroden Eindruck. Genauer gesagt: Was heute als »Tempel 16« bezeichnet wird, ist ein dank Umweltverschmutzung schmuddelig wirkender Pyramidenbau, dessen Treppe einst zu einem Tempelchen führte. Wir wissen heute, dass »Tempel 16« nur die letzte, äußere Hülle von mehreren überinander gestülpten sakralen Bauten ist. Im innersten Kern, so war man lange überzeugt, ruhte der Dynastie-Gründer Yax K'uk' Mo ... Tempel »Rosalila«.

Rekonstruktion des Tempel
Rosalila - Foto talk2winik
Um die Bauhistorie von »Tempel 16« ergründen zu können, müsste man das Bauwerk Stein für Stein abtragen. Dann müsste, so wie man eine Zwiebel schält, Schicht für Schicht demontiert werden. Das müsste dann bei allen Bauwerken geschehen ... die dann zwar im wahrsten Sinne des Wortes ergründet, dabei aber zerstört würden!

Im Lauf verschiedener Besuche in Copán bekam ich in verschiedenen Varianten immer wieder die gleiche mysteriöse Story zu hören. Als innerster Kern werde der älteste Tempel von Copán durch mehrere spätere Schichten geschützt. Er sei dem Gründer der Herrscherdynastie von Copán, Yax K'uk' Mo, gewidmet. Und in der Tat:

Diesen »innersten« Tempel gibt es wirklich: Rosalila wird er genannt. Wie Maulwürfe haben sich Archäologen an diesen ältesten Kern herangegraben und ihn, so gut es unter den widrigen Umständen möglich war, auch erforscht.

Zur Freude der Wissenschaftler war der vermeintliche »Urtempel« erstaunlich gut konserviert worden. Man hatte offensichtlich sehr schonend die späteren Bauwerke darüber geschichtet. So blieben auch Farben in bemerkenswertem Umfang erhalten. So wissen wir heute, dass besagter »Urtempel« aus heutiger Sicht eher kitschig-bunt ausgesehen haben muss. Seine Bonbonfarben erinnern eher an Disneyland. Sie entsprechen ganz und gar nicht unseren Vorstellungen der schönen, dezenten Schlichtheit von Maya-Bauten, so wie wir sie etwas aus Palenque kennen!

Die karge Schlichtheit der Mayabauten, die uns heute so anspricht ... hätte den Mayas überhaupt nicht gefallen. Sie schwärmten für in unseren Augen kitschige Farben. In einer Collage habe ich Bauten aus Palenque und Copán, die »Universität« und »Tempel Rosalila« zusammengefügt, um die so unterschiedlichen ästhetischen Vorstellungen zu verdeutlichen.

Collage aus zwei Mayabauten
Fotos: talk2winik (rechts), W-J.Langbein (links)
Bei meinen Besuchen in Copán hörte ich immer wieder: Im Innersten von »Tempel 16« ruhe in seiner Gruft Yax K'uk' Mo, der Dynastie-Gründer. Immer wieder bekam ich zu hören: Quecksilber in der Gruft – sie sei »randvoll mit dem höchst giftigen, nur in Form von Zahnfüllungen gesunden Material – würde ein Betreten unratsam erscheinen lassen. Dann aber drangen Wissenschaftler, durch Schutzanzüge vor Vergiftung sicher, in das Innerste des Heiligtums. Sie entdeckten auch viele Jahrhunderte alte Knochen. Die aber stammten definitiv von einer Frau, nicht von einem Mann!

In der Quecksilbergruft war also einst eine Lady und kein männlicher Herrscher zur letzten Ruhe gebettet worden! Wieder einmal war die Realität ganz anders als von der Wissenschaft erwartet ... Unklar ist, wer da im altehrwürdigen Grab bestattet wurde, wenn es nicht der erste Herrscher von Copán war. Sollte gar eine Königin in ältesten Zeiten die Metropole regiert haben?

Ich selbst wagte mich nicht in die Quecksilber-Gruft, vielmehr begnügte ich mich damit, im Tunnel der Archäologen herum zu kriechen. So gelangte ich an die Außenseite des Rosalila-Tempels ... zum imposanten Relief vom himmlischen Vogel Vucub Caquix (Aussprache: VO KOB KA KWISH). Der Mythologie der Mayas nach behauptete dereinst, er sei Erde, Sonne, Licht und Mond zugleich. Das gut mannshohe Kunstwerk weist auf die Bedeutung des Tempels hin. Er diente einem Sonnen- und Mondkult ...

Vogelgott Vucub Caquix
Foto: Walter-Jörg Langbein
»Die Lady in der Quecksilbergruft war die erste Herrscherin von Copán!« meinte ein einheimischer Archäologe zu mir. »Und der himmlische Vogel steht für den ewigen Kreislauf von Tag und Nacht, von Leben und Tod!« Er führte mich in der Unterwelt von Copán an die Außenmauern des begrabenen Tempels ... und erklärte mir die Bäume aus Stein.

»Die Bäume aus Stein stehen für die Welt zwischen Unterwelt und Himmel. Sie verhindern, dass der Himmel auf die Erde herabstürzt! Bevor es die lebenden Ceiba-Bäume gab, ragten Bäume aus Stein von der Erde bis an den Himmel. Ohne diese tragenden Säulen hätte es kein Leben auf unserer Erde geben können!«

Abends wurde es bitter kalt in Copán Der Archäologe entfachte ein Feuer. Und er begann zu erzählen. Von den ältesten Göttinnen, die von Göttern verdrängt worden seien. »Man machte sie in christlichen Zeiten zu Dämonen! Dabei müssen bösartig aussehende Fratzen keineswegs auch in den Augen der Mayas böse gewesen sein! Fakt ist: In Copán wurde ein Relief der Mondgöttin Ixchel gefunden, die auch als Erdgöttin verehrt wurde. Ixchel war auch für die Fruchtbarkeit zuständig ... und trug in Darstellungen oft den symbolträchtigen Hasen im Arm! Ixel wirkte zerstörerisch, indem sie periodisch-zyklisch immer wieder mit Orkanen das Leben von der Erde wischte ... und sie spendete segensreichen Regen, der wieder neues Leben gedeihen ließ! Übrigens: Die Mayas erkannten in den Flecken des Mondes nicht unseren »Mann«, sondern ihren Hasen.

Seltsamer »Zufall«: Die Kelten verehrten die Göttin Eosterpe, die sie mit Mond und Hase darstellten. Eosterpe lebt im englischen Easter weiter ... in unserem »Ostern« ... mit dem »Osterhasen«, der älter als das Christentum ist!

Aus Göttinnen wurden
Dämonen.
Foto: W-J.Langbein
Gern erinnere ich mich an die »Privatführung« in die Unterwelt von Copán durch einen örtlichen Archäologen ... zu den Masken der Göttlichen, die von den Mayas so sorgsam beerdigt wurden ... und durch den mystischen Wald aus Stein ... Am abendlichen Lagerfeuer wurden uralte Mythen förmlich wieder spürbar.

Literatur:
Grube, Nikolai (Herausgeber): »Maya/ Gottkönige im Regenwald«, Köln 2000





»Geheimnisvolle Stelen, mysteriöse Altäre«,
Teil 158 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 27.01.2013

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Sonntag, 13. Januar 2013

156 »Abstieg in die Unterwelt«

Teil 156 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Zollstation zwischen Guatemala
und Honduras - Foto: W-J.Langbein
Bei meiner ersten Reise nach Copán ging es von Guatemala aus mit dem Jeep über Landstraßen nach Honduras. So war's von Deutschland aus geplant, so wurde es auch in die Tat umgesetzt. Vor Ort erwiesen sich die »Landstraßen« als meist bescheidene Wege, an Steilhängen vorbei. Massive Geröll- und Schlammlawinen schienen an der Tagesordnung zu sein, so dass, was auf der Landkarte wie ein »Katzensprung« aussah ... in der Realität zu einem wahren Geduldspiel wurde.

Das eine oder das andere Mal war die »Landstraße« blockiert, so dass wir kehrt machen und andere Wege suchen mussten. Dank örtlicher Guides konnten wir die von Geröll unpassierbar gemachte Stelle weiträumig umfahren. Einmal warteten wir »nur« wenige Stunden, bis die Straße wieder frei gemacht worden war. Zum Glück war nicht weit von der verschütteten Straße ein Trupp Arbeiter mit schwerem Gerät zugange.

Mitten im Urwald tauchte dann die sprichwörtlich »grüne Grenze« zwischen Guatemala und Honduras auf. Wichtige Beamte gingen sehr gründlich ihrer Tätigkeit nach. Da ihre Zollstation offenbar selten mit einem Ansturm von Reisenden zu rechnen hatte, wurde mein Jeep besonders gründlich untersucht. Das Gepäck musste abgeladen und vor den Augen argwöhnischer Zollbeamter geöffnet werden. Rasierwasserfläschchen wurden sorgsam untersucht. Nervenaufreibend war die Prozedur der Kontrolle, ob dieser oder jener Kosmetikartikel die Grenze vielleicht doch nicht passieren durfte. Zum Glück standen den Beamten mehrere dickleibige Folianten zur Verfügung, die ausgiebigst konsultiert wurden.

»Gedulden Sie sich bitte etwas. Sie müssen wissen, dass die Kollegen von der anderen Seite heute nicht da sind..« Mit diesen Worten versuchte ein Beamter die ungewöhnlich lange Prozedur zu erklären. »Wir müssen für unsere Kollegen von drüben (Honduras) überprüfen, ob das gesamte Reisegepäck eingeführt werden darf!« Schließlich gab es dann doch nichts zu beanstanden. Unser Jeep durfte passieren. Dann allerdings tauchte der Schlagbaum zwischen Guatemala und Honduras auf. Und es schien wieder Ewigkeiten zu dauern, bis er angehoben werden durfte und die Fahrt nach Copán fortgesetzt werden konnte.

Der Schlagbaum zwischen
Guatemala und Honduras
Foto: W-J.Langbein
War mir die Grenzstation schon recht verschlafen vorgekommen ... die Ruinenstadt Copán war menschenleer. Kein einziger Tourist war zu sehen ... aber auch der angeblich wartende örtliche Guide schien unseren Termin vergessen zu haben. Schließlich tauchte ein »Onkel« des Ortskundigen auf. Sein Neffe sei verhindert, müsse sich vor Gericht verantworten ... angeblich, weil er einem Touristen Zugang zur »verbotenen Unterwelt von Copán« ermöglicht hatte.

Und er, der Onkel, dürfe uns schon gar nicht durch die geheimnisvolle Ruinenstadt führen. Die »Unterwelt« sei natürlich »total tabu«. »Manche Tunnels dürfen nur von Archäologen betreten werden ... Andere sind zwar öffentlich zugänglich, aber nur wenn ein lizenzierter Guide dabei ist. Wieder andere sind einsturzgefährdet ...« Auf alle Fälle seien wir vergebens gekommen, da sein Bruder ... der eben noch sein Neffe gewesen war ... vor Gericht stehe. Die Enttäuschung muss mir deutlich anzusehen gewesen sein. So wurde der Onkel ... oder Bruder ... des eigentlichen Guide von Mitleid erfasst.

Der Mann führte mich durch das Zentrum der Ruinenstadt von Copán ... und zeigte mir, hinter welchen Bretterverschlag ich nicht kriechen durfte. Und selbst wenn der offizielle Guide hier wäre ... auch dann dürfte ich auf keinen Fall den Gang dahinter betreten. Der Tunnel in die Unterwelt sei absolut tabu. »Vielleicht wird ja das Verbot schon morgen wieder aufgehoben ... oder in einem Jahr ...« Das waren unerfreuliche Aussichten! Ein opulentes Trinkgeld indes lösten bei meinem Nicht-Guide den dringend Drang aus, einen Kaffee trinken zu müssen. So musste er mich leider »für mindestens eine halbe Stunde« allein lassen.

Mauerwerk
aus uralten
Zeiten
Foto:
W-J.Langbein
Leider versagte just in diesem Moment mein Fotoapparat seinen Dienst. Ärgerlich kroch ich hinter den Bretterverschlag, wo eine schmale »Türöffnung« zum Vorschein kam. Sie war etwa 1,80 Meter hoch und höchstens fünfzig Zentimeter breit. Ich quetschte mich und meinen Rucksack hindurch und schaltete meine Taschenlampe an. Der Lichtkegel wanderte über eine Bruchsteinwand. Stammte sie aus uralten Zeiten? Ich vermute eher nicht. Ich glaube, sie war das Werk von Archäologen, die diesen Tunnel mühsam in den steinharten Boden getrieben hatten!

Inzwischen weiß ich, dass in den vergangenen einhundert Jahren Archäologen auf der Suche nach unterirdischen Tempeln von Copán Tunnel durch die Unterwelt getrieben haben ... von bisher mindestens vier Kilometern Länge!

Missmutig versuchte ich noch einmal mein Glück mit meinem Fotoapparat, drückte ab ... und der Blitz explodierte förmlich in der Dunkelheit. Hastig stolperte ich weiter über den unebenen Boden des schmalen Tunnels, ließ den Strahl meiner jetzt immer wieder flackernden Taschenlampe über Boden und Wände huschen.

Wie in einer Geisterbahn tauchte urplötzlich eine Fratze aus der Dunkelheit auf. Wieder probierte ich mein Glück mit meinem Fotoapparat. Wieder hatte ich Glück. Ein quelläugiges Monsterwesen stierte in die Dunkelheit. Wo eigentlich die Nase sitzen sollte ... klaffte ein rundes Loch. Es hatte den Anschein, als ob jemand der steinernen Kreatur die Nase abgeschlagen hätte. Schaute das Fabelwesen, das eher einem Horrorfilm als einem Märchen entsprungen zu sein schien, deshalb so grimmig?

Ein Monstergesicht mit
abgeschlagener Nase
Foto W-J.Langbein
Weiter ging es ... bei immer wieder aussetzendem Taschenlampenlicht. Aus Erfahrung wusste ich, dass mein Fotoapparat jeden Moment wieder seinen Geist aufgeben konnte ... also hastete ich weiter so schnell ich konnte. Ich wollte, so lange der ungehorsame Apparat noch funktionierte, so viel wie möglich photographieren ... Zwei, drei Mal stieß ich mit der Stirn gegen in den schmalen Gang ragende Steinbrocken. Warmes Blut tropfte ...

Immer wieder setzte die Taschenlampe aus. Ich schüttelte sie ärgerlich, klopfte damit gegen die steinerne Wand. Endlich leuchtete sie wieder einmal auf. Wenige Meter vor mir endete der schmale Gang in einer Sackgasse. Der Korridor war zugemauert. Was mochte sich dahinter verbergen? Optimistisch griff ich zum Fotoapparat ... zwei Fotos gelangen mir, eher schlecht als recht.

Der Gang endete als Sackgasse
Foto: W-J.Langbein
Berichte kamen mir in den Sinn, wonach in unterirdischen Grüften immer wieder Quecksilber entdeckt worden sei. Sollte es die Gebeine vornehmer Toter von Copán schützen? Archäologen haben deshalb lange Zeit darauf verzichtet, unterirdische Räume zu betreten ... Aus Sicherheitsgründen ist das nur mit Schutzkleidung möglich, die Archäologen wie Astronauten aussehen lässt.

Sollte der Einsatz von Quecksilber Eindringlige, die die Totenruhe störten, vergiften? Oder hatte Quecksilber für die Menschen von Copán eine ganz andere Bedeutung?

Ich machte kehrt, stolperte so vorsichtig wie möglich zurück. Mit einer Hand hielt ich stets Kontakt zur steinernen Wand. So ertastete ich schließlich einen seitwärts abführenden Gang. Ich bog zögernd in diesen scheinbar immer schmäler werdenden Korridor ein. Wieder setzte meine unzuverlässige Taschenlampe aus. Ich ertastete weiter meinen Weg ... bis ich plötzlich glatten Stein erspürte. Ich meinte, künstliche Konturen erahnen zu können. Da war so etwas wie Augen, sauber aus dem Stein herausgemeißelt. Ob ich wieder – wie auch immer – beim Monstergesicht von vorhin angekommen war?

Ein zweites Monstergesicht mit
aufgerissenem Schlund
Foto: W-J.Langbein
Wieder hob ich den Fotoapparat ... wieder tat er seinen Dienst. Das Blitzlicht ließ in seinem grellen Schein wiederum eine monströse steinerne Maske erscheinen. Sie ähnelte stark der ersten. Auch ihr fehlte die Nase. Bei ihr klaffte aber kein Loch, wo einst das Riechorgan gesessen hatte. Deutlich war ein hässlicher Nasenstumpf zu erkennen. Und unter der Nase war ein hässliches Maul in den Stein gemeißelt.

Ich versuchte, ein weiteres Foto zu machen ... vergeblich. Ärgerlich schüttelte ich den Fotoapparat. Ich nahm tastend den Akku heraus, setzte ihn wieder ein.

Vergeblich. Kein weiteres Bild war der Kleinbildkamera zu entlocken. Ich muss zugeben: Mulmig war mir schon. Wie sollte ich den Weg zurück finden? Ich hörte eine Stimme, wie von einem Echo verzerrt. Und plötzlich blendete mich greller Lampenschein. Mein Nicht-Guide war von seiner »Kaffeepause« zurückgekehrt und hatte mich gesucht und gefunden. Wortlos führte er mich zurück ans Tageslicht.

Natürlich war für meine »Rettung« ein weiterer, saftiger Obulus fällig. Ich muss zugeben: Ich bezahlte ihn gern!

Jahre später führte mich mein Weg wieder nach Copán ... zusammen mit einer kleinen Reisegruppe. Und diesmal durften wir durch einen Tunnel zum wahrscheinlich ältesten Tunnel von Copán kriechen ... in Begleitung eines offiziellen Guide ...

Die Decke des Tunnels durch die Unterwelt - Foto: W-J.Langbein

Neues eBook von Walter-Jörg Langbein:
»Das Geheimnis der amphibischen Astronautengötter«

»Die Lady in der Quecksilbergruft und Bäume aus Stein«,
Teil 157 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 20.01.2013


Sonntag, 6. Januar 2013

155 »Die Treppe der Hieroglyphen«

Teil 155 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Maya-Codices wurden als
vermeintliches Teufelswerk
verbrannt. - Foto:
Archiv W-J.Langbein
»1549, sieben Jahr nach der partiellen Unterwerfung der Maya-Bevölkerung von Yucatán, kam Pater Diego de Landa nach Mérida, der Hauptstadt des Gebietes. Er gab sich alle erdenkliche Mühe, um Glauben und Bräuche des Volkes, unter dem er lebte, auszurotten und es zum Katholizismus zu bekehren. Zu diesem Zweck bediente er sich eines Verfahrens, das er für besonders zweckmäßig hielt: in einem gewaltigen Autodafé ließ er alle Bücher der Eingeborenen verbrennen. Damit waren Geschichte, Kultur und Tradition eines Volkes vernichtet.«

So beschreibt Pierre Ivanoff (1) die generalstabsmäßig durchgeführte, verbrecherische Auslöschung des uralten kulturellen Erbes eines ganzen Volkes. Für Pater Diego de Landa waren die Codices der Mayas Teufelswerk. Also mussten sie in die Flammen riesiger Scheiterhaufen geworfen werden, so wie die vermeintlichen »Hexen«.

Die Mayacodices waren keine Bücher im klassischen Sinn, sondern Schriftrollen. Weich geschlagene Feigenrinde war von Maya-Spezialisten sorgsam mit Harz imprägniert worden. Dann hatten sie eine hauchdünne Schicht gelöschten Kalks aufgetragen und schließlich mit Glyphen in mehreren Farben bemalt. So ein Codex war in der Regel rund fünfundzwanzig Zentimeter breit und mehrere Meter lang. Und zur enthusiastischen Freude krimineller Frömmler brannten sie lichterloh.

Auch heute noch
schlummern
geheimnisvolle
Bauten im
Verborgenen.
Foto: W-J.Langbein
1839 wurden die im sprichwörtlichen »Dornröschenschlaf« schlummernden Maya-Ruinen von Copán entdeckt. Rund einhundert Jahre dauerte es dann, bis sich die ersten Archäologen an die Überreste der einst stolzen Metropole wagten. In schweißtreibender Arbeit, häufig von billigen einheimischen Arbeitskräften erledigt, musste scheinbar undurchdringliches Gestrüpp beseitigt werden. Besonders großes Interesse weckte eine gewaltige Treppe. Die Angaben zu diesem imposanten Bauwerk variieren. Mal ist von »55 Stufen« die Rede, mal sollen es 63 sein. Mal zieren angeblich 2200 Hieroglyphen, mal 2500 Hieroglyphen die erstaunlich gut erhaltene Treppe.

Einigkeit besteht darin, dass der längste erhaltene Text aus Maya-Zeiten in die steinernen Treppenstufen gemeißelt wurde. Was er nun genau beschreibt, darin scheinen sich die Maya-Experten noch nicht einig zu sein. Ursprünglich konnte man diese Mammut-Inschrift wie ein Buch lesen. Dann aber kam es, vermutlich im 16, vielleicht auch im 17. Jahrhundert, zu einem Erdbeben. Nur die ersten fünfzehn Stufen blieben weitestgehend unbeschädigt. Alle übrigen Stufen wurden ein Opfer der gewaltigen Naturkatastrophe. Wie in einer Lawine aus Stein rutschten sie nach unten. So fanden die Archäologen sie vor: als einen ungeordneten Trümmerhaufen. Was meist verschwiegen wird: Bei der Rekonstruktion der Treppe wurden die Stufen oberhalb der fünfzehnten Stufe willkürlich zusammengesetzt, so dass ein Großteil des Textes heute nicht mehr entschlüsselt werden kann.

Die mysteriöse
Hieroglyphentreppe
von Copan - Foto: HJPD
Angeblich ging es im Text nicht mehr um Mythologisches aus dem Maya-Reich, sondern um kriegerische Auseinandersetzungen. Im unteren Bereich, so versicherte mir ein Archäologe vor Ort, gehe es um Astronomisches, um den »Heiligen Kalender« der Mayas. Wird ein wissenschaftlicher Disput zwischen Maya-Priester-Astronomen erörtert? Vergessen wir nicht, dass der größte Teil der Hieroglyphen-Story durch Erdbeben zerstört wurde und wohl nicht mehr rekonstruiert werden kann!

Keinen Zweifel gibt es, was den Zweck der Hieroglyphen-Treppe anbelangt: Sie führte zur Spitze eines pyramidenartigen Tempels empor. Genauer gesagt: Einst gab es einen sehr alten Tempel, der dann – und das scheint typisch für die sakrale Bauweise der Mayas zu sein – von einem jüngeren Tempel überzogen wurde. An der Spitze des pyramidenartigen Unterbaus gab es einen kleinen Tempel, der über die Hieroglyphen-Treppe erreicht wurde.

Heute ist man sehr um die mysteriöse Treppe besorgt. Sie befindet sich in keinem besonders stabilen Zustand. So darf sie nicht mehr von neugierigen Besuchern erklommen werden. Außerdem wird sie seit Jahren durch eine dicke Plane vor Wetterunbilden geschützt. Man muss auch davon ausgehen, dass zu Zeiten der Mayas der Aufgang zum Tempel nicht für das allgemeine Volk gedacht war. Vermutlich durfte nur ein kleiner Kreis Auserwählter jemals in den Tempel hoch oben empor steigen.
Mag sein, dass auf dem Weg nach oben immer wieder inne gehalten wurde, um heilige Texte zu rezitieren. Mag sein, dass bei in die Treppe eingebauten Statuen von Göttern längst vergessene Rituale abgehalten wurden. Was geschah oben im Tempelchen auf dem Hauptbau?

Heute ist die Treppe
der Hieroglyphen
geschützt.
Foto: Peter Andersen
Mich erinnert das zyklische Weltbild der Mayas an den vielleicht ältesten Kult der Menschheit: an die »Heilige Hochzeit«. Die Anhänger der »Heiligen Hochzeit« gingen – wie die Mayas – davon aus, das die Zeit zyklisch verläuft. Die Zeremonie der »Heiligen Hochzeit« wird abgehalten, um auf »magischem« Wege zu bewirken, dass auf das Ende eines Zyklus der Anfang eines neuen folgt. Anders ausgedrückt: Auf den Winter folgt wieder ein neuer Frühling. Und der Frühling wird wieder von Sommer Herbst und Winter abgelöst. Die Natur sollte aber nicht für immer im Winter erstarrt bleiben. Ein neuer Zyklus musste ausgelöst werden.

Diesem Zweck diente das Ritual der »Heiligen Hochzeit«, wie sie im Tempel, hoch oben auf dem legendären, aber realen »Turm zu Babel« zelebriert wurde. Auch der Tempel von Babel wurde über eine steile Treppe erreicht. Geschah ähnliches in jenem Tempel, zu welchem die Hieroglyphen-Treppe führte?

Bei den Mayas gab es – dargestellt in komplexester Mythologie – eine ständige Wiederkehr des Lebens, den Abstieg ins Totenreich, die Rückkehr in die Welt der Lebenden ... den ewigen Zyklus, wie in der Welt der »Heiligen Hochzeit«. Ich wiederhole meine Frage: Diente der Tempel am Ende der Hieroglyphen-Treppe der »Heiligen Hochzeit«? Bei den Ägyptern war die Leiter, aber auch die Treppe ein Symbol der Himmelfahrt. Manfred Lurker fasst in seinem »Lexikon der Götter und Symbole der alten Ägypter« zusammen (2):

Die ägyptische
Djoser-Pyramide ...
Treppe in den Himmel ...
wie die Hieroglyphenpyramide
der Mayas
Foto:
 W-J.Langbein
»Eine frühe Darstellung zeigt Osiris als ›Gott auf dem obersten Ende einer Treppe‹, womit seine Auferstehung nach dem Tode symbolisiert wurde. Wahrscheinlich stellt die Stufenpyramide des Djoser zu Sakkara eine Treppe dar, um so dem verstorbenen König den Aufstieg in den Himmel zu erleichtern. Auch der Urhügel, mit dessen Auftauchen aus dem Urozean die Weltschöpfung einsetzt, konnte als Treppe dargestellt werden. Ein dem Toten mitgegebenes Amulett war die Nachbildung einer Treppe.« Wie sich die Bilder gleichen: Der Maya-Gott Hurakan ließ mittels Magie das Land wieder aus den Fluten der Urflut emporsteigen.

Im zyklischen Weltbild gab es die Wiedergeburt: ein Hin und Her zwischen den Welten der Lebenden wie der Toten. Maya-Gott Chilan vermittelte zwischen »Mitnal« (»Diesseits«) und »Xibalba« (»Jenseits«). Und in Copán war der Aufstieg in den »Himmel« via Hieroglyphen-Treppe eben so möglich wie der Abstieg in die »Unterwelt«. Wie so manches Mal auf meinen Reisen zu den interessantesten Orten unseres Planeten kroch ich auch in Copán in die düstere Welt unter den steinernen Stelen und Pyramiden ...

Mysteriöse Bilder eines
Maya-Codex
Foto: Archiv
Walter-Jörg Langbein
Fußnoten
1 Ivanoff, Pierre: »Monumente großer Kulturen/ Maya«, Luxemburg 1974, S.88 oben
2 Lurker, Manfred: »Lexikon der Götter und Symbole der alten Ägypter«, erweiterte Neuausgabe München 1987, S. 214

»Abstieg in die Unterwelt«,
Teil 156 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 13.01.2013


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Sonntag, 30. Dezember 2012

154 »Der begrabene Tempel«

Teil 154 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Ein Riese aus Stein bewachte einst
Copan ... - Foto: W-J.Langbein
Einst schützten mächtige Mauern die Metropole von Copán. 1576 beschreibt Diego Garcia de Palacio noch dieses Bollwerk. Bewundernd stellt er fest: »Dort befinden sich die Ruinen herrlicher Tempel. Ehe man dorthin kommt, stößt man auf sehr dicke Mauern und einen riesigen steinernen Adler. Auf der Brust trägt er ein Quadrat, dessen Seitenlänge mehr als das Viertel einer spanischen Elle beträgt und auf dem unbekannte Schriftzeichen stehen.«

Verschwunden sind sowohl die »dicken Mauern« als auch der riesige Adler aus Stein. Auch der einstige Wächter von Copán, ein monströser Riese, wurde wohl zerschlagen. Der spanische Chronist Diego Garcia de Palacio war vielleicht der Letzte, der den Koloss noch intakt gesehen hat: »Tritt man näher heran, so entdeckt man die Gestalt eines großen, steinernen Riesen; die Indianer sagen, er sei der Wächter des Heiligtums gewesen.«

Unklar ist, wie die Statue ausgesehen hat, die der spanische Chronist Diego Garcia de Palacio beschreibt. Was ist aus ihr geworden? Wurde sie zerstört? Oder bezieht sich der Spanier auf eine der mächtigen steinernen Stelen, die heute unzählige Besucher nach Copán locken?

Rätsel über Rätsel umgeben die Ruinenstadt Copán. Beispiel: Warum wurde »Tempel Rosalila« begraben? Warum haben die Mayas diesen mysteriösen Tempel mit Sand bedeckt und darüber einen weiteren Tempel, »Tempel 16« errichtet? Und was erwartet die Archäologie von morgen oder übermorgen von der geheimnisvollen Tempelgruft unter »Tempel Rosalila«? Da soll Yax K'uk' Mo', der legendäre Begründer einer mächtigen Dynastie, bestattet worden sein. Von einem Fluch, der die Gebeine des Herrschers schützen soll, ist nichts bekannt. Dennoch wagt sich kaum jemand in die Gruft, obwohl mit reichen Grabbeigaben zu rechnen ist. Der Dynastiegründer wurde sicher mit Prunk bestattet. Vielleicht wurde er gar mit Maya-Codices beigesetzt, die Aufschluss über Religion und Aberglauben geben!

Rekonstruktion des Tempel
Rosalila - Foto: talk2winik
Aber das Grab von Yax K'uk' Mo' wurde einst bis zum Rand ... mit Quecksilber gefüllt! Das schreckte die Archäologen lange Jahre ab. Ein Archäologe erklärte mir vor Jahren: »In diese Gruft wäre es lebensgefährlich, etwa nach Kostbarkeiten und Gebeinen zu suchen! Wussten die alten Mayas, wie giftig Quecksilber ist? Schützten sie so den legendären Herrscher?

Wie auch immer: In stickigen Gängen mussten sich der honduranische Archäologe Ricardo Agurica und sein Team anno 1989 an den begrabenen Tempel heranquälen. Sie waren beeindruckt von der Farbenpracht des sakralen Bauwerks, dessen Rekonstruktion im »Museo de Sitio« besichtigt werden kann. König »Mond-Jaguar« gilt als der Erbauer des Tempels für den Sonnengott. Die Ausmaße: Höhe dreizehn Meter, Grundfläche 18,5 mal 12,5 Meter!

Die Ruinen von Copán stellen einen kleinen Teil der einstigen Metropole dar. Unzählige Gebäude dürften im Lauf der Jahrhunderte abgetragen und zerstört worden sein. Und was heute zum Teil restauriert, sichtbar ist ... ist nur ein kleiner Teil, denn in der »Unterwelt« wartet noch manch sakrales Bauwerk auf Entdeckung. Offizielle archäologische Ausgräber trieben so manchen Tunnel unter die Fundamente der überirdischen Bauten ... in der Hoffnung auf Informationen über das Leben der Mayas in Copán. Auch Grabräuber waren am Werk, auch sie trugen dazu bei, dass die »Unterwelt« von Copán immer mehr einem Schweizer Käse gleicht.

Tempel 11

Foto: W-J.Langbein
Vermutlich war Copán so etwas wie ein wissenschaftliches Zentrum der Maya-Astronomie. Viele Jahrhunderte lang wurden Sonne, Mond und Sterne beobachtet. Viele Jahrhunderte lang wurden penibelst Daten notiert. Und viele Jahrhunderte lang wurde die Flut von Daten ausgewertet. Die Mayas verfügten nicht über Computer, aber über sehr viel Zeit. Und so gelang es einigen Spezialisten der Mayas, das Geheimnis der Mondfinsternisse zu entschleiern. Sie entdeckten die genaue Dauer der zeitlichen Abstände zwischen Mondfinsternissen. So konnten sie präzise berechnen, wann Jahrtausende vor ihrer Zeit Mondfinsternisse die Menschen in Angst und Schrecken versetzt haben mochten. Und sie konnten exakt berechnen, wann in Zukunft Mondfinsternisse stattfinden würden.

Nutzen die Priester-Astronomen ihr Wissen aus, um das ahnungslose Volk zu beeindrucken, ja in Angst und Schrecken zu versetzen? Sie konnten behaupten, dass der Mond von zornigen Monstergöttern gefressen würde ... konnten genau vorhersagen, wann das geschehen würde. Und sie konnten dann ihre priesterliche Macht demonstrieren, mit der sie den verschwundenen Mond wieder an den Himmel zurück holten! Sie konnten für sich in Anspruch nehmen, für die unwissende Masse der Gläubigen zumindest, mit mächtigsten Göttern in Verbindung zu stehen. Sie konnten behaupten, dass die Himmlischen auf sie, die wissenden Priester, hörten. Sie konnten behaupten, dass ihre Opfer den verschlungenen Mond wieder an den Himmel zurück holten!

Der Windgott am Tempel 11
Foto: W-J.Langbein
Anno 746 nach Christus jedenfalls wurde »Tempel 11«   beendet: aus Begeisterung ob der präzisen Erkenntnisse in Sachen Mondfinsternisse! An jenem Tempel wurde eine geheimnisvolle Steinstatue angebracht, die mich sehr an eine Mischkreatur aus Mensch und Tier erinnert. Sie stellt Windgott Hurakan dar.

Wenn wieder einmal die Nachrichten einen todbringenden Hurrikan, einen monströsen Wirbelsturm, vermelden: die Begriff »Hurrikan« und »Orkan« gehen auf den Maya-Gott des Wunders Hurakan zurück!

Hurakan wurde bei den Mayas aber auch als einer der mächtigen Schöpfergottheiten verehrt. Nachdem die ersten Menschen den Zorn der Götter erregt hatten, folgte umgehend drakonische Strafe. Eine gewaltige Sintflut löschte fast alles Leben aus. Hurakan jedenfalls hauste nach der Maya-Mythologie in den Nebeln über der Wasserflut. Hurakan wiederholte immer wieder das Wort »Erde« in einem magischen Ritual ... bis die Wasserfluten wieder wichen und erneut das trockene Land sichtbar wurde.

Gern tun wir die Vorstellung von zyklischem Entstehen und Vergehen der irdischen Kulturen als unsinnig ab. Fakt ist aber: Unser Planet wurde wiederholt von Katastrophen heimgesucht. Bedenken wir, dass Copán schon nach einigen wenigen Jahrhunderten fast vollkommen überwuchert und bereits wieder von Erde bedeckt war. Was bleibt von unserer irdischen Kultur, wenn der Planet Erde von einem Weltuntergang heimgesucht wird? Was ist nach 500, was nach 5000 oder gar 500.000 Jahre noch zu erkennen?

Nach Jahrhunderten kann eine einst
stolze Metropole schon fast vollkommen
verschwunden sein ...
Foto: W-J.Langbein
Eine solche Monsterflut war vor vielen Jahrmillionen Realität, ausgelöst wohl durch den Einschlag eines Himmelskörpers, der Tsunamis auslöste... Wie oft? Im Verlauf der Erdgeschichte gab es immer wieder gewaltige Katastrophen, die in zyklischen Abständen unseren Planeten heimsuchten. Wiederholt wäre fast alles Leben auf Terra ausgelöscht worden....so wie es die Maya-Mythologie auch überliefert. Das »Popol Vuh«, die »Bibel der Mayas«, propagiert eine Weltgeschichte, in der es immer wieder zu gewaltigen Katastrophen kommt.

Vor 75.000 Jahren gab es die Fast-Apokalypse von Sumatra, als ein Vulkan-Kataklysmus beinahe die gesamte Menschheit auslöschte. Seit Millionen brach ein Monstervulkan im Yellowstone-Nationalpark wiederholt aus. Wie mörderisch werden die Folgen des nächsten Ausbruchs des Supervulkans im »Yellowstone Nationalpark« sein? Fakt ist: Er ist längst überfällig! Zigtausende, ja Hunderttausende können als direkte Opfer bei dem Ausbruch zu beklagen sein. Hunderttausende, ja Millionen können den gewaltigen Massen giftiger Gase zum Opfer fallen. Es ist nur eine Frage der Zeit! Die nächste Apokalypse wird die gesamte Welt hart treffen. Gewaltige Temperaturstürze sind möglich, sehr lang anhaltende Zeiten vollkommener Finsternis sind wahrscheinlich. Dann wird es zu unvorstellbaren Hungerkatastrophen kommen. Es wird eine bislang nie gekannte Nahrungsmittelknappheit geben. Wie viele Menschen werden verhungern? Die Apokalypse wird definitiv kommen: nicht als göttliches Strafgericht, aber als Naturkatastrophe.

Düster blickt ein steinernes Gesicht
in die Zukunft - Foto: W-J. Langbein
Die Mayas rechneten mit riesigen Zeitzyklen ... zum Teil in Milliarden von Jahren. Man darf nicht versuchen, die Katastrophe auf den Tag genau vorauszuberechnen. Man muss sich nur einer Tatsache bewusst sein: Die nächste globale Katastrophe kann schon morgen zum Weltuntergang führen. Der Mensch wird dann vielleicht ausgelöscht. Das Leben wird aber zurückkehren, wachsen und gedeihen ... und das sehr viel besser als in der Epoche »Menschheit«! Die Zukunftsaussichten sind – langfristig gesehen – eher düster ...

Eine menschenähnliche Skulptur, von einem Steinmetz in Copán geschaffen, blickt in eine unheilvolle Zukunft ...

Literaturempfehlung
Wenn Sie sich über die zyklisch wiederkehrenden Apokalypsen informieren wollen, dann lesen Sie Walter-Jörg Langbeins aktuellen Bestseller »2012 - Endzeit und Neuanfang: Die Botschaft der Mayas«.

Langbein weist nach, dass die Erde wiederholt am Rande der totalen Katastrophe stand. Wiederholt wäre fast alles Leben auf unserem Planeten ausgelöscht worden. Die nächste apokalyptische Weltkatastrophe kommt bestimmt!

Ruinen werden von Baumwurzeln
gesprengt - Foto: W-J.Langbein
Literaturverzeichnis
Bacon, Edward (Herausgeber): Versunkene Kulturen/ Geheimnis und Rätsel
früher Welten, Volksausgabe, München 1970, (GROSSFORMAT)
(Mayas, Kap. 7. S. 93 fff.)
Biedermann, Hans: Altmexikos Heilige Bücher, Graz 1971
Bourbon, Fabio (Text): The Lost Cities of the Mayas/ The life, art and
discoveries of Frederick Catherwood, Vercelli (Italien) 1999
Bridges, Marilyn: Für die Götter/ Luftaufnahmen heiliger Landschaften,
Frankfurt 1990 (Bildband)
(Bauwerke der Mayas, Yucatán und Chiapas, S. 32-55)
Cotterell, Maurice M.: The Mayan Prophecies, Shaftesbury 1995
Cotterell, Maurice M.: The Supergods/ They came on a mission to save
mankind, London 1998
Cottrel, Leonard: The Horizon Books of Lost Worlds, New York 1964
Drew, David: The Lost Chronicles of the Maya Kings, London 1999
Eggebrecht, Eva und Arne: Die Welt der Maya/ Archäologische Schätze aus
drei Jahrtausenden, 2. Auflage, Hildesheim und Mainz 1992
Fiebag, Peter: Der Götterplan/ Außerirdische Zeugnisse bei Maya und Hopi,
München 1995
Fuls, Andreas: Die astronomische Datierung der klassischen Mayakultur (500-
1100 n.Chr.), Hamburg 2007
Gockel, Wolfgang: Die Geschichte einer Maya-Dynastie/ Entzifferung
klassischer Maya-Hieroglyphen am Beispiel der Inschriften von Palenque,
Mainz 1988
Krickeberg, Walter (Hrsg.): Märchen der Azteken und Inkaperuaner, Maya
und Muisca, Düsseldorf 1972
Martinéz, Pio und Bandini, Pietro: Das Götterorakel von Yucatán/ Das
Geheimwissen der Maya entschlüsselt, München 1998
Méndez, Maria Teresa Mézquita: Die Prophezeiungen der Mayas, Mérida,
Mexiko, 3. Auflage 2010
National Geographic Society: Versunkene Reiche der Maya, Augsburg 1997
Prem, Hanns J. und Dyckerhoff, Ursula: Das alte Mexiko/ Geschichte und
Kultur der Völker Mesoamerikas, München 1986 (GROSSFORMAT)
Schele, Linda und Mathews, Peter: The Code of the Kings/ The Language of
seven sacred Maya Temples and Tombs, New York 1998
Schele, Linda und Freidel, David: Die Unbekannte Welt der Maya/ Das
Geheimnis ihrer Kultur entschlüsselt, Augsburg 1994, Übersetzung von A
Forest of Kings
Schele, Linda und Miller, Mary Ellen: The Blood of the Kings/ Dynasty and
Ritual in Maya Art, Fort Worth 1986 (korr. Nachdruck)
Sitchin, Zecharia: Versunkene Reiche/ Der Ursprung der Zivilisation im
Reiche der Maya und Inka, Rottenburg 2008
Soustelle, Jacques: Die Kunst des alten Mexiko, Osnabrück 1968
Stingl, Miloslav: In versunkenen Mayastädten/ Ein Forscher den Geheimnissen
der indianischen Pyramiden auf der Spur, Leipzig 1971
Stuart, David und George: Palenque/ Eternal City of the Maya, London 2008
Westphal, Wilfried: Die Maya – Volk im Schatten seiner Väter, Bindlach 1991
Wipf, Karl A.: Wanderer in der Nacht/ Religionsgeschichtliche Interpretationen
zu altamerikanischen Chroniken, Hallein 1980

»Die Treppe der Hieroglyphen«,
Teil 155 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 06.01.2013





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