Teil 14 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
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Sie waren abgerundet und wiesen glatte Oberflächen auf. Es handelt sich bei den Steinen um grauen Andesit, also um einen harten Stein. Deshalb wird er gern zum Pflastern von Plätzen verwendet. Wegen der hervorragenden Witterungsbeständigkeit und seiner besonderen Härte eignet er sich ideal für den Straßenbau.
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Was die emsigen Steinhändler sicher wussten: Sollte es sich bei den gravierten Steinen um archäologische Funde handeln, verstießen sie zweifach gegen geltendes Recht. War es doch strengstens verboten, archäologische Stätten zu plündern – wenn man kein Archäologe war – und vorgeschichtliche Funde zu verkaufen. Schon gar nicht durften sie ins Ausland geschafft werden. Das Erbe der Vorgeschichte Perus gehörte Peru und sollte nicht ins Ausland verkauft werden.
Und so zogen die Einheimischen nachts los, um die gravierten Steine zu suchen. Sie begnügten sich nicht mehr damit, sie aufzulesen. Sie gruben systematisch. Neu war ihnen diese Tätigkeit nicht. Hatte die Landwirtschaft schon seit Jahrhunderten eher karge Erträge gebracht, so war doch die Grabräuberei schon weit lukrativer. Ganze Heerscharen – so berichtete mir Prof. Dr. Javier Cabrera Darquea – machten sich besonders in sternklaren Nächten auf den Weg.
Funde gab es immer wieder: Textilien aus Vorinkazeiten, die sich im trockenen Wüstenboden erstaunlich gut gehalten hatten. Systematisch wurden Gräber – ebenfalls aus präinakischen Zeiten – aufgespürt und geplündert. Die Grabräuber trugen bei ihrer Arbeit Amulette, die sie vor dem Zorn der Totengeister schützen sollten. Die Polizei fürchteten sie bei ihrer nächtlichen Arbeit weniger, wohl aber die Toten. Wurden sie doch ihrer Grabbeigaben beraubt.
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Das sahen die meisten Wissenschaftler ganz anders: Menschen und Dinosaurier als Zeitgenossen? Eine hochstehende Zivilisation vor vielen Jahrtausenden, die eine sehr fortgeschrittene Medizin mit komplizierten chirurgischen Eingriffen beherrschte? Menschen, die vor vielen Jahrtausenden nicht nur hervorragende Mediziner waren, sondern die überhaupt den Wissenschaften huldigten? So sieht man auf nicht wenigen gravierten Steinen im Museum Menschen, die mit Hilfe von Teleskopen in den Himmel starrten.
Für die Schulwissenschaft war klar: So eine frühe hochstehende Zivilisation konnte es vor Jahrtausenden nicht gegeben haben... weil eine Anerkennung der Funde das bisherige Geschichtsbild komplett ad absurdum geführt hätte. Die Gravuren konnten nur Fälschungen sein.... weil sie Fälschungen sein mussten! Zur großen Freude der Schulwissenschaftler bewies anno 1998 der Spanier Vincente Paris: die Steine sind gefälscht. Das heißt: Vincente Paris untersuchte einige Steine mit Gravuren und kam zum Ergebnis, dass die Bildnisse nicht in grauer Vorzeit, sondern erst in jüngster Vergangenheit hergestellt worden sind. Seine Mikrofotographie-Aufnahmen wiesen, Luc Bürgin weist in seinem vorzüglichen Werk »Lexikon der verbotenen Archäologie – Mysteriöse Relikte von A bis Z darauf hin, »auf manchen Ica-Steinen Spuren von moderner Farbe und Poliermittel« nach.
Wie sind die Erkenntnisse Vincente Paris zu bewerten? Sind alle gravierten Steine im Museum Fälschungen? Genau das behaupten seit Jahrzehnten sogenannte Skeptiker, selbsternannte Verteidiger der Schulwissenschaften. 1977 erschien Erich von Dänikens voluminöser Band »Beweise – Lokaltermin in fünf Kontinenten«. In diesem Band berichtete Däniken auch über die gravierten Steine von Ica (S. 415): »Die Familie Cabrera besitzt an der Plaza de Armas in Ica ein großes Haus, das sie auch braucht, denn die Cabreras sind sehr fruchtbar. Trotzdem sind drei große Räume vom Boden bis zur Decke hinauf mit Regalen versehen, in denen massenhaft Steine liegen. Von Fußball- bis Ballongröße. Jeder Stein ist mit anderen Motiven graviert... Man entdeckt Indianer, die auf Vögeln reiten. Es sind Indianer mit fremdartigen Werkzeugen in den Händen verewigt. Auf einem Stein bedient sich ein Indianer einer Lupe zum besseren Sehen. Ein Stein ist ein Globus im Taschenformat: die Umrisse fremder Länder, Kontinente und Ozeane sind sorgsam eingeritzt.... Mit Bedacht zeigt Dr. Cabrera, der selbst führender Chirurg ist, eine Serie von Steinen, die den Hergang einer Herztransplantation zeigen.
Dem Patienten, der auf einer Art von Operationstisch liegt, wird das Herz herausoperiert; Schläuche versorgen ihn mit Infusionen. Ein frisches Herz wird eingesetzt. Zwei Operateure schließen die Arterien. Die Brustöffnung wird geschlossen.«
1977 wurde Erich von Däniken heftig attackiert. »Kritische Journalisten« dokumentierten, so hieß es, was Däniken verschweige. In der Fernsehdokumentation »Pathways to the Gods« (etwa: »Pfade zu den Göttern«) führten besagte »Meister« der Recherche Basilio Uschuya vor, den sie angeblich ausfindig gemacht hatten.... den Fälscher der Steine. Uschuya, so hieß es, nicht ohne Häme, gravierte die Steine mit einem Zahnarztbohrer und ließ sie künstlich altern... durch Backen in Kuhdung. War damit Erich von Däniken entlarvt?
1996 nahm sich die BBC erneut der »Fälschungen« an. 1997 brillierte »Kabel 1« mit einer skeptischen Dokumentation. Wieder wurde Basilio Uschuya als Fälscher der Steine von Ica vorgestellt.
War somit die »Akte Ica-Steine« erledigt? Konnte sie endgültig geschlossen werden, da kritische Journalisten doch den Fälscher aller Steine auufgespürt hatten? Nun, ganz so einfach ist der Sachverhalt nicht. Es war keineswegs eine besonders schwierige Aufgabe, den Fälscher Basilio Uschuya zu »entdecken«. Dazu bedurfte es keines Meisterdetektivs wie Sherlock Holmes. Was von den »Enthüllern« gern verschwiegen wird: Erich von Däniken selbst stellte Basilio Uschuya in seinem Buch »Beweise – Lokaltermin in fünf Kontinenten« (1) vor. Um den Mann zu finden... muss man nur bei Däniken nachlesen.
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Warum aber behauptet dann Basilio Uschuya selbst, »alle gravierten Steine« selbst hergestellt zu haben? Tut er das wirklich? Fakt ist: Basilio Uschuya hat nachweislich »gravierte Ica-Steine« an ausländische Touristen verkauft. Er wurde von den peruanischen Polizei mit dem Vorwurf konfrontiert, archäologische Funde illegal veräußert zu haben. Für das Übertreten dieses Gesetzes, das archäologische Erbe Perus schützen soll, wäre Basilio Uschuya empfindlich bestraft worden. Also erklärte er, die Steine gemeinsam mit seiner Frau gefälscht zu haben. Der Verkauf unechter archäologischer Gegenstände ist nämlich nicht verboten. Basilio Uschuya wurde nicht weiter belangt und auch nicht bestraft.
Basilio Uschuya (2): »Zwar habe ich der Polizei tatsächlich zu Protokoll gegeben, die Cabrera-Steine selbst fabriziert zu haben. Aber ich tat dies nur zu meinem eigenen Schutz. Man hätte mich sonst wegen Plünderung archäologischer Stätten verhaftet.«
Zitierte Literatur
Basilio Uschuya (2): »Zwar habe ich der Polizei tatsächlich zu Protokoll gegeben, die Cabrera-Steine selbst fabriziert zu haben. Aber ich tat dies nur zu meinem eigenen Schutz. Man hätte mich sonst wegen Plünderung archäologischer Stätten verhaftet.«
Zitierte Literatur
(1) Erich von Däniken: »Beweise - Lokaltermin in fünf Kontinenten«, Düsseldorf und Wien 1977, S. 417 und S. 418
(2) Luc Bürgin: »Lexikon der verbotenen Archäologie: Mysteriöse Funde von A bis Z«,
Rottenburg 2009, S. 101
Foto Cabrera/Langbein: Ingeborg Diekmann
Alle übrigen Fotos: Walter-Jörg Langbein
Copyright: Walter-Jörg Langbein
»Fantastische Funde oder Fälschungen?«,
Teil 15 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«,
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am
25.04.2010
(2) Luc Bürgin: »Lexikon der verbotenen Archäologie: Mysteriöse Funde von A bis Z«,
Foto Cabrera/Langbein: Ingeborg Diekmann
Alle übrigen Fotos: Walter-Jörg Langbein
Copyright: Walter-Jörg Langbein
»Fantastische Funde oder Fälschungen?«,
Teil 15 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«,
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am
25.04.2010
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