Samstag, 10. April 2010

"Baut Brücken"- Text: Helga König

Wie schon häufiger erwähnt, bin ich ein Kind aus den 1950er Jahren. Meine Vorfahren stammen aus dem Osten. Dort haben sie in der Folge des 2. Weltkrieges ihren gesamten Besitz verloren. Ohne Kunst bin ich dennoch nicht aufgewachsen. Meine Großmutter besaß in ihrer Wohnung  damals zwei Kunstdrucke von Dürer, den sie als Maler sehr schätzte und einen weiteren von Millet "Die Ährenleserinnen". Im Haus meiner Eltern hingen einige Aquarelle, die ein Freund  meines Vaters  gemalt  hatte und bei meiner Tante ein Ölbild, das ein Künstler in Ahrenshoop zu Beginn des letzten Jahrhunderts einst auf die Leinwand  brachte.

Jeden Samstag  durfte ich als  kleines Kind bereits in  einer namhaften Fernsehzeitschrift das Bilderrätsel lösen. Man wurde immer wieder mit neuen Gemälden vertraut gemacht. Zwei fast identische Ablichtungen eines berühmten Kunstwerkes waren zu sehen. Man sollte die kleinen Fehler, die bei einem der beiden Bilder vorhanden waren, erkennen. Auf diese Weise scannte ich mit meinen Augen die Bilder ab und gewann lange vor dem Kunsterziehungsunterricht in der Schule ein Gefühl für Malerei, kannte schon  einzelne Künstler mit Namen, konnte ihren Stil einordnen und entwickelte erste Vorlieben. Renoir mochte ich damals am liebsten.

Es folgten erste Museumsbesuche mit meinen Eltern. Später während meiner Lehre nutzte ich sehr häufig meine Mittagspause, um in Darmstadt  Ausstellungen und das Museum zu besuchen.  Während meiner dann folgenden letzten drei Jahre am Gymnasium lernte ich  aufgrund glücklicher Umstände eine  alte Weimarer Journalistin  und ihren Gatten  kennen, die es nach Darmstadt verschlagen hatte. Durch diese beiden Personen wurde ich mit der Kunst näher in Berührung gebracht.  Bei dem Mann handelte es sich um den Chefrestaurator der Stadt. Ich verbrachte oft Nachmittage in dessen Atelier und schaute zu, wie er Bilder wiederherstellte und zwar Gemälde von Lucas Cranach und ähnliche Kostbarkeiten mehr. Er und sein Sohn, ein  damals bereits bekannter Grafiker, erklärten mir anhand der Bilder, wie diese entstanden waren. Die Journalistin und Bücherliebhaberin, der ich unendlich viel zu verdanken habe, gab mir wesentliche Kunstbücher in die Hand. Damals war ich noch keine zwanzig Jahre alt und begann gerade damit, mir in den wichtigsten Metropolen Europas Kunstwerke anzusehen. Ich reiste nach London, Prag, Wien, Budapest und Paris und war überwältigt von dem, was ich sah.

Erst später im Studium besuchte ich die wichtigsten Museen in New York, fuhr mit dem Fahrrad  von Mainz nach Amsterdam, um dort das Van-Gogh- und  das Reichsmuseum zu besichtigen. Die Farben Van Goghs überwältigen mich.  Von Stund an besuchte ich alle wichtigen Ausstellungen im Rhein-Main-Gebiet, hauptsächlich in Darmstadt, Frankfurt und Wiesbaden, lernte meinen Gatten damals auf einer Vernisage kennen, mit dem ich das Interesse an Malerei teile.

Bei unseren zahlreichen Besuchen von St. Paul de Vence, dem Mekka für junge Künstler, änderte ich mein Kunstverständnis durch die vielen Eindrücke dort. Hunderte von jungen Künstlern zieht es an den Ort, wo Chagall begraben liegt und  viele namhafte französische Künstler des letzten Jahrhunderts sich des Lichtes wegen aufgehalten haben. Man kann den jungen Künstlern beim Malen zusehen und in den unzähligen Galerien ihre Werke besichtigen oder kaufen. Es gibt für mich keinen Platz auf dieser Welt, der auf mich eine solche Austrahlung hat, wie das uralte St. Paul de Vence, das Franz I. übrigens bereits besucht hat.

Unmittelbar nach der Wende fuhr ich mit Freunden nach Weimar und Apolda. Dort lebte der Künstler Hohlfeld, der in der DDR keinen guten Stand hatte. Hohlfeld hatte in Dresden einst Kunst studiert. In seinem Atelier lagerten Hunderte von wundervollen Gemälden. Damals kauften wir ein  abstraktes Ölbild mit dem Titel "Baut Brücken".  Ich werde das Bild bei Gelegenheit abgelichtet hier on stellen, weil es ein philosphisches Gemälde ist, dessen Botschaft man jeden Tag aufs Neue zu leben versuchen sollte.

In den letzen beiden  Jahrzehnten  besuchte ich immer wieder Museen und Ausstellungen in München, eine Stadt , die ich jedem Kunstinteressierten wärmstens ans Herz lege. Mit meiner Großmutter teile ich die Liebe für Dürer. Vor keinem Gemälde habe ich so lange ausgeharrt als vor  Dürers "Jakob Fugger", den ich mir auf einer Ausstellung in Wetzlar ansah.  Dürer hat es verstanden die Intelligenz Fuggers für die  Ewigkeit  visuell festzuhalten.  

Mit meinem Gatten teile ich  die Liebe zu Hieronymus Bosch. Gemälde von Bosch in Brügge und Paris beeindruckten mich wegen ihrer hohen Intellektualität. Leider war ich noch nicht im Prado, um den "Garten der Lüste" im Original sehen zu können.

Auch die Kunst in Rom und Florenz kenne ich bislang nur aus Büchern und ich bin immer wieder dankbar, dass es solche Bücher gibt und mit ihnen die Chance eine Idee von  der Vielfalt der Formen und der Farben zu erhalten, an denen wir uns erfreuen sollten, so oft wir nur können.

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