Sonntag, 17. Juni 2018

439 »Nichts wird ihnen unmöglich sein!«

Teil 439 der Serie
„Monstermauern, Mumien und Mysterien“
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Adam und Eva
Der biblische Prophet Elias, so vermeldet es das »Alte Testament«  wurde mit einem »feurigen Wagen« in den Himmel »entrückt« (1). Im Judentum verbreitete sich rasch der Glaube, Elias sei lebendig in den Himmel entführt worden. Einst werde er als Begleiter aus den himmlischen Gefilden zur Erde zurückkehren. Um Christi Geburt war im »Heiligen Land« die Hoffnung groß, der Messias würde zurückkehren und die Römer vertreiben. Und so flohen die Menschen aus der verhassten Realität in die Hoffnung. Das harte Regiment der Römer wurde erträglicher, je fester man an die Rückkehr von Elias und des Messias glaubte.

Interessant ist die Geschichte vom »feurigen Wagen« auch heute noch. Offenbar war man vor Jahrtausenden im »Heiligen Land« mit »feurigen Himmelswagen« durchaus vertraut. Kurz und bündig heißt es im »Alten Testament«, dass Elias zunächst gar nicht in den Himmel verschleppt werden wollte. Doch der HERR gibt seinen Plan nicht auf und so wird Elias zum Entführungsopfer, vergleichbar mit jenen Menschen, die an Bord von UFOs verschleppt werden, so man das weltweit auftretende Phänomen als etwas Reales akzeptiert). Im 2. Buch der Könige lesen wird (2): »Als aber der HERR Elia im Wettersturm gen Himmel holen wollte, gingen Elia und Elisa von Gilgal weg. Und als sie miteinander gingen und redeten, siehe, da kam ein feuriger Wagen mit feurigen Rossen, die schieden die beiden voneinander. Und Elia fuhr im Wettersturm gen Himmel.«

Jesus, der nach alter Götter Sitte gen Himmel fuhr, verkündete seinen treuen Jüngern (3): »Und nichts wird euch unmöglich sein.« Menschen waren freilich nicht allmächtig, nur Götter waren das. Und nur Göttern war nichts unmöglich, also alles möglich.

Schon im vielleicht bekanntesten Text der Bibel wird der Mensch in seine Schranken verwiesen. Die Rede ist von einer bemerkenswerten Szene im Paradies. Gott hat Adam erschaffen und ins Paradies gesetzt. Zu Intimitäten freilich kann es nicht kommen, denn Eva ist noch nicht in Adams Leben getreten. Ansonsten darf Adam alles tun, es gibt nur ein Tabu (4): »Und Gott, der HERR, gebot dem Menschen und sprach: Von jedem Baum des Gartens darfst du essen; aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben!« Lucas Cranach (*um den 4.10.1472 im oberfränkischen Kronach; †16.10.1553) wusste diese biblischen Szenen herrlich darzustellen.

An dieses Verbot hat sich Adam offenbar gehalten. Dann aber wird Gott wieder schöpferisch aktiv. Eva entsteht aus einer Rippe Adams. Und die wird von der bösen Schlange in Versuchung geführt (5): »Und die Schlange war listiger als alle Tiere des Feldes, die Gott, der HERR, gemacht hatte; und sie sprach zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Von allen Bäumen des Gartens dürft ihr nicht essen? Da sagte die Frau zur Schlange: Von den Früchten der Bäume des Gartens essen wir; aber von den Früchten des Baumes, der in der Mitte des Gartens steht, hat Gott gesagt: Ihr sollt nicht davon essen und sollt sie nicht berühren, damit ihr nicht sterbt!«

Foto 2: Gott verbietet Adam und Eva die geheimnisvollen Früchte.

Die Schlange macht Eva ein Angebot, das sie nicht ausschlagen kann (6): »Keineswegs werdet ihr sterben! Sondern Gott weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses.« Mit anderen Worten: Wer von den verbotenen Früchten isst, der wird wie Gott. Die Strafe folgt auf dem Fuß: Adam und Eva werden aus dem Paradies verbannt.

Wenig später wird erneut das Thema »Menschen wollen wie Gott sein« aufgegriffen: in der Episode »Der Turmbau zu Babel« (7). Die Menschen machen sich an die Arbeit. Sie errichten den legendären Turm zu Babel. Gott ist über diese Anmaßung alles andere als erfreut. Nach dem Motto »Wehret den Anfängen!« greift er ein (8): »Siehe, ein Volk sind sie, und eine Sprache haben sie alle, und dies ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts unmöglich sein, was sie zu tun ersinnen.« Gott stoppt das Projekt »Turm zu Babel«. Motiv: Die Menschen dürfen nicht gottgleich werden.

Übrigens: Die von der Bibel angebotene sprachliche Erklärung von »Babel« völlig falsch. »Babel« hat mit dem hebräischen »balal«, zu Deutsch »verwirren« nichts zu tun. Babel leitet sich eindeutig vom Babylonisch-Sumerischen »bab-ili« her, zu Deutsch von »Tor der Götter«. Damit wird auch schon rein sprachlich klar: Vorbild für den Turmbau ist der babylonische Zikkurrat, mehrstufige Türme. Vielleicht dienten sie als Ersatz für heilige Berge rein sakralen Zwecken. Vielleicht wurden sie auch als Observatorien zur Sternbeobachtung benutzt.

Foto 3: Die Schlange verleitet Adam und Eva zur ersten Sünde.

Rund zwei Jahrtausende v. Chr. stand das Vorbild für den biblischen Turm, der »Etemenanki« in Babylon direkt beim Tempel des Gottes Marduk. Errichtet wurde er nicht aus menschlicher Arroganz, nicht zum Hohn, sondern zu Ehren der babylonischen Götter. Hauptgott Marduk stieg nach uralter babylonischer Überlieferung zum Jahresanfang über den Turm vom Himmel zur Erde herab. Dieses Motiv findet sich auch in der Bibel wieder. Auch Jahwe steigt vom Himmel zur Erde herab, ganz wie sein babylonischer Kollege Marduk.

Zu Beginn des dritten Jahrtausends nach Christus hat ein neues Projekt »Babel« längst begonnen. Der Mensch verfügt über ein Gehirn, dessen Leistungen im Vergleich zu den ersten Computern atemberaubend sind. Doch das biologische Gehirn wird vom Menschen kaum voll genutzt und ist zudem in seinen Kapazitäten begrenzt. Logische Konsequenz: künstliche Intelligenz wird geschaffen.

Die Vorgehensweise ist vorhersehbar: Phase 1. Durch Einbau von Chips und Computerelementen wird das menschliche Hirn effektiver. Es wird nicht nur leistungsfähiger, es kann immer auf »Höchstleistung« gefahren werden. Phase 2: Die biologischen Anteile des Gehirns werden komplett durch nichtbiologische, künstliche Intelligenz ersetzt. Phase 3: Das nichtbiologische Gehirn erhält einen nichtbiologischen Körper, der dem anfälligen biologischen Körper haushoch überlegen ist. Phase 4: Die künstliche Intelligenz verbessert sich ständig selbst. Der neue, nichtbiologische »Mensch« wird unsterblich und entspricht immer mehr dem, was man bislang als »Gott« bezeichnet hat.

Foto 4: Turm zu Babel von Lucas van Valckenborch  (1535–1597)

Prof. Dr. Raymond Kurzweil (*12.02.1948) verfasste ein bahnbrechendes Werk zum Thema »künstliche Intelligenz« (9). Kurzweil, von Bill Gates als »führender Experte im Bereich der Künstlichen Intelligenz« gepriesen, ist davon überzeugt, dass schon 2030 die künstliche Intelligenz die biologische einholen, ja überholen wird (10): »Obwohl die reinen Kapazitäten biologischer und nicht biolo0gischer Intelligenz dann ungefähr gleich sind, wird die nichtbiologische Intelligenz bereits überlegen sein.« Von da an wird sich die künstliche Intelligenz immer schneller und schneller verbessern, steigern. Für das Jahr 2045 prognostiziert Prof. Dr. Raymond Kurzweil (11): »Die nichtbiologische Intelligenz, die in diesem Jahr geschaffen werden wird, wird eine Milliarde Mal leistungsfähiger sein als die gesamte menschliche Intelligenz heute.«

Die Prognosen von Prof. Dr. Raymond Kurzweil in Sachen künstliche Intelligenz muten kühn an. Sie sind aber präzise belegt. Bill Gates ist fasziniert von den heute noch fantastisch anmutenden Vorhersagen. So mancher Wissenschaftler wird sie strikt ablehnen, für unmöglich erklären. Sir Arthur C. Clarke (12) brachte es auf den Punkt: »Wenn ein … Wissenschaftler sagt, etwas sei möglich, dann hat er ziemlich sicher recht, wenn er aber sagt, es sei unmöglich, dann liegt er höchstwahrscheinlich falsch.« In der Tat, so ist es: So galten in der Welt der Wissenschaft Düsenflugzeuge, die tagtäglich Millionen von Menschen zu allen Orten unseres Planeten schaffen, ursprünglich als »physikalisch unmöglich«.

Foto 5: Turm zu Babel (Pieter Brueghel der Ältere)

Kühne Zukunftsvisionen formulierte einst im frühen 20. Jahrhundert Hermann Oberth (13). Der »Vater der Weltraumfahrt« kam durch ein Werk der Fantasie auf seinen »Mondtrip«. Als Schüler las er »Von der Erde zum Mond« (1865 erschienen) von Jules Vernes und begann zu rechnen. Der italienische Dominikaner Tommaso Campanella, eigentlich Giovanni Domenico (14): »Alles, was die Wissenschaftler … mit Hilfe einer unbekannten Kunst vollbringen, wird Magie genannt … Denn Technologie wird immer als Magie bezeichnet, bevor sie verstanden wird, und nach einer gewissen Zeit entwickelt sie sich zu einer normalen Wissenschaft.«

Fußnoten

(1) 2. Könige Kapitel 2, Verse 1-18
(2) Ebendas Verse 1 unf 11
(3) Evangelium nach Matthäus Kapitel 17, Vers 21
(4) 1. Buch Mose Kapitel 2, Verse 16 und 17
(5) 1. Buch Mose Kapitel 3, Verse 1-3
(6) Ebenda, Verse 4 und 5
(7) 1. Buch Mose Kapitel 11, Verse 1-9
(8) ebenda, Vers 6
(9) Kurzweil, Ray: »Menschheit 2.0/ Die Singularität naht«,  eBook-Ausgabe, 2. Durchgesehene Auflage, Berlin 2014
(10) Ebenda, Pos. 2568
(11) Ebenda, Pos. 2581
(12) *16.12.1917; †19.03.2008
(13) *25. 06.1894; †28. 12. 1989
(14) *5.9.1568; †21.5.1639

Zu den Fotos:
Foto 1: Adam und Eva im Paradies, Hieronymus Bosch  (circa 1450–1516). Wikimedia commons.
Foto 2: Gott verbietet Adam und Eva die geheimnisvollen Früchte. Lucas Cranach der Ältere (*um den 4.10.1472 im oberfränkischen Kronach; †16.10.1553). Wikimedia commons.
Foto 3: Die Schlange verleitet Adam und Eva zur ersten Sünde. Lucas Cranach der Ältere (*um den 4.10.1472 im oberfränkischen Kronach; †16.10.1553). Wikimedia commons.
Foto 4: Turm zu Babel von Lucas van Valckenborch  (1535–1597). Wikimedia commons.
Foto 5: Turm zu Babel, Pieter Brueghel der Ältere  (etwa 1526–1569). Wikimedia commons.

Zur Lektüre empfohlen
Kurzweil, Ray: »The Age of Spiritual Machines/ When Computers Exceed Human Intelligence«, New York 1999

440 „Mit künstlicher Intelligenz in die Apokalypse?“,
Teil 440 der Serie
„Monstermauern, Mumien und Mysterien“
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 24.06.2018

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