Sonntag, 2. Februar 2020

524. »Die sieben anderen Welten der Kabbala«

Teil 524 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Der Babylonische Talmud,
Titelblatt der Wilnaer Ausgabe
(1880-1886)
Seit Mitte der 1970-er Jahre habe ich mich mit jüdischem Geheimwissen beschäftigt. Während meines Studiums der evangelischen Theologie in Erlangen vergrub ich mich förmlich in den alten Texten des Zohar. Ich versuchte die Geheimnisse der Kabbala zu ergründen. Als ich den einen oder den anderen Professor der Theologie auf mein Interesse ansprach, stieß ich schnell auf wachsende Ablehnung. Ein Professor, im Fachbereich »Altes Testament« beheimatet, zeigte sich zunächst belustigt, dann erbost. Schließlich drohte er mir unverhohlen. Wenn ich mein Studium mit Aussicht auf Erfolg fortsetzen wolle, müsse ich auf »diesen Unsinn verzichten«.

In Nürnberg traf ich auf einen immer lächelnden alten Rabbi, der sich über mein Interesse am Zohar zu freuen schien. Er werde mir sehr gern bei meinem Studium des Zohar helfen. Ich möge aber zuerst verschiedene Übersetzungen des Zohar sorgsam lesen und auf mich wirken lassen. Nach »einigen Jahren« dürfe ich dann gern zu ihm zurück kommen. Dann werde er mir die Lektüre bestimmter Textpassagen ans Herz legen und hilfreiche Literatur zu diesen Texten empfehlen. Bei mir trat Ernüchterung ein. Ich hatte gehofft, so etwas wie einen Schlüssel zum Zohar zu erhalten, der mir den sofortigen Zugang zur Welt dieses geheimnisvollen Textes ermöglichen würde. Offensichtlich verbarg ich meine Enttäuschung nicht gut genug.

Der Rabbi versuchte noch, mir Mut zu machen. »Schauen sie mich an!«, forderte mich der weise Mann auf. »Ich beschäftige mich erst seit sechzig Jahren mit dem Zohar und verstehe schon einiges!« Ich resignierte. Den Zohar würde ich wohl nie wirklich begreifen. Aber ich konnte lesen, mich durch Berge von Zohar-Übersetzungen kämpfen und nach verborgenem Wissen suchen. Parallel dazu las ich im »Alten Testament«, in den »Legenden der Juden« und im Koran.

Bei meinen intensiven Textrecherchen dachte ich nicht an magische Rituale oder astrologische Weltbilder, auch nicht an vermeintlich göttliche Gebote über den Umgang mit Gläubigen und Ungläubigen, sondern – zum Beispiel – an fremde Planetenwelten fremder Sonnensysteme. 

Foto 2: Sefer Jezira
Nach dem Koran (1) schuf Allah sieben Welten und sieben Himmel. Die sieben Welten, von Gott erschaffen, finden sich auch in jüdischen Geheimlehren. Das »Sefer Jezira« (auch »Sefer Jetzira« und andere Varianten der Schreibweise) wird als »Buch der Schöpfung« oder »Buch der Formung« bezeichnet. Das Werk gilt als das älteste auf Hebräisch verfasste Buch der Kabbala. Franjo Terhart schreibt in seinem Buch »Kabbala« über »Sefer Jezira« (2): »Seinen Verfasser kennt man nicht. Es entstand etwa um die Mitte des 1. Jahrtausends in Palästina und liegt in zwei Fassungen vor, einer längeren und einer kürzeren. Es enthält grundlegende mystische Ideen. Um das Jahr 1000 wurde der Sefer Jezira häufiger kommentiert als jeder andere mystische Text – unter anderem, weil er vorgibt, bis auf Abraham zurückzugehen.«

Die heute bekannte lange Version umfasst etwa 2.500 Worte, die kurze nur 1.300 Worte. Yisrael Weinstock, einer der führenden Zohar-Experten der Welt, vermutet, dass die verschollene Originalversion vermutlich extrem kurz war. Sie bestand womöglich nur aus 240 Worten. Vergeblich habe ich nach der Ur-Version gesucht.

Ich kämpfte mich durch den »Jerusalemer Talmud«, der im 5. Jahrhundert schriftlich festgehalten worden sein soll. Ich arbeitete mich durch den noch umfangreicheren »Babylonischen Talmud«, der kurz nach dem »Jerusalemer Talmud« entstanden sein soll. Ich las und las, zum Beispiel die äußerst ausführlichen Abhandlungen über die Anwendung der Gesetzesvorschriften des »Alten Testaments« im Alltag. Ich studierte die Erklärungen der biblischen Vorschriften, so wie sie Rabbiner verstehen und interpretieren. Ja es gelang mir kurzzeitig Manuskripte einzusehen, die schließlich im gedruckten »Jerusalemer Talmud« verarbeitet wurden. In diesen Manuskripten wurde wiederholt »Sefer Yetzirah« erwähnt. Warum wurden diese Hinweise aber nicht in die gedruckte Ausgabe des »Jerusalemer Talmud« übernommen? Unklar ist, ob es sich bei diesem »Sefer Yetzirah« um »Sefer Je(t)zira« handelt.

Immer wieder konsultierte ich »meinen« Rabbi zunächst noch in Nürnberg, später in Göttingen und München. Nur selten erhielt ich konkrete Antworten. So teilte mir der gelehrte Mann mit, dass nach den Lehren der Kabbala Gott unzählige Sterne und unzählige Welten schuf. Viele dieser fremden »Erden« würden auf anderen Ebenen der Realität existieren, nicht wenige seien aber physische Himmelskörper wie unser Heimatplanet. Dort lebten, so der Rabbi, Wesen; die sich von uns Menschen sehr stark unterschieden.

Je gründlicher ich mich mit der Welt der mysteriösen alten jüdischen Überlieferungen beschäftigte, desto erstaunter war ich, wie wenig selbst die vermeintlich besten Interpreten verstanden. Was der eine Fachmann für ein simples Werk über die Schrift des alten Hebräischen war, das verstanden andere als magisches Werk, mit dessen Hilfe man Leben erzeugen konnte. Was einige für verklausulierte Vorschriften für ein gottgefälliges Leben hielten, das sahen andere als Entschlüsselung der hebräischen Buchstaben als geheime Zeichen für verborgene Botschaften.

Besonders intensiv interpretiert wird »Sefer Je(t)zira« schon seit Jahrhunderten. Handelt es sich bei dem geheimnisvollen Werk um einen philosophischen Text, um eine Abhandlung über Grammatik oder um einen Leitfaden für den Wanderer in spirituellen Welten? Geht es um Magie oder Meditation? Oder muss man »Sefer Je(t)zira« als »meditativen Text mit starken magischen Elementen« ansehen? Im Meer von zum Teil schwer oder selbst für den in Sachen Mythologie gut Informierten unverständlichen Texten versteckt tauchen immer wieder für uns seltsam klingende Namen von fremden Planeten-Welten auf.

Die Lang-Version des Sefer Jezira benennt, wie uns der Zohar-Experte Aryeh Kaplan mitteilt, sieben Planeten auf (3): »Adamah, Tevel, Nashiyah, Tzaya, Chalad, Eretz, Gai«. Aryeh Kaplan weiter: »Eine andere Quelle (4) gibt sie an als: Eretz, Adamah, Arkah, Gey, Tzaya, Nasya, Tevel. Eine weitere alte Quelle (5) listet auf Eretz, Adamah, Arka, Chariva, Yabasha, Tevel, Chalad.« Je gründlicher in den mysteriösen alten jüdischen Quellen nach diesen fremden Erden suchte, desto mehr entdeckte ich. In einem weiteren Manuskript des Sefer Jezira stieß ich auf eine weitere Auflistung der sieben Planetenwelten (6): »adama, arqa, tevel, neshija, zija, heled, erez«. Es tauchen verschiedene Listen mit den Namen der fremden Erden auf. Sie stimmen teilweise überein, sind aber nie wirklich identisch. Irritiert musste ich Verwirrendes feststellen: Es fällt auf, dass sich die Quellen uneins über die Namen der sieben fremden Planetenwelten sind.

Sie lassen aber keinen Zweifel an der Existenz fremder Planetenwelten im Universum aufkommen! Wer auch den Zohar verfasst haben mag, der war von der Existenz von anderen »Erden«, auf denen andere »Menschen« leb(t)en überzeugt. Meine intensiven Recherchen wurden belohnt. Offen gesagt: Ich suchte nach Fakten, nicht nach vieldeutiger Tiefgründigkeit und hatte Erfolg: Ich entdeckte nicht nur eindeutige Hinweise in den geheimen Schriften von Kabbala-Zohar, sondern sehr konkrete Angaben zu den Bewohnern jener fremden Welten. Im Lauf vieler Jahre notierte ich konkrete Angaben zu fremden Planeten auf Karteikarten und sortierte meine Entdeckungen. 

Bereits vor über einem halben Jahrhundert stellte Erich von Däniken (*1935) eine spannende Faktensammlung zusammen: Informationen zu fremden Planetenwelten in der geheimnisvollen Kabbala (7):

»Die sieben anderen Welten der Kabbala werden – bei wechselnden Bezeichnungen für die gleiche Sache – mit ihren Bewohnern sehr anschaulich beschrieben. Hier also Kabbala – Auszüge, die ich sinngemäß wiedergebe:
Die Bewohner der Welt von ›Geh‹ säen und pflanzen Bäume. Sie essen alles vom Baum, kennen aber keinen Weizen und keinerlei Getreide. Ihre Welt ist schattig, und es gibt viele große Tiere dort.
Die Bewohner der Welt von ›Nesziah‹ essen Sträucher und Pflanzen, die sie nicht säen müssen. Sie sind von kleinem Wuchs, und haben anstelle der Nasen nur zwei Löcher im Kopf, durch welche sie atmen. Sie sind sehr vergeßlich, und wissen bei einer Arbeit oft nicht, weshalb sie sie begonnen haben. Auf ihrer Welt sieht man eine rote Sonne.
Die Bewohner der Welt ›Tziah‹ müssen nicht essen, was andere Wesen essen. Sie suchen immer nach Wasseradern. Sie sind sehr schön von Angesicht, und haben mehr Glauben als alle anderen Wesen. Auf ihrer Welt gibt es große Reichtümer und viele schöne Bauwerke. Der Boden ist trocken, und man sieht zwei Sonnen.
Die Bewohner der Welt von ›Thebel‹ essen alles aus dem Wasser. Sie sind allen anderen Wesen überlegen, und ihre Welt ist in Zonen aufgeteilt, in denen sich die Bewohner durch Farbe und Gesichter unterscheiden. Sie machen ihre Toten wieder lebendig. Die Welt ist weit von der Sonne weg.
Die Bewohner der Welt von ›Erez‹ sind Nachfahren von Adam.
Die Bewohner von ›Adamah‹ sind auch die Nachfolger von Adam, weil Adam sich über die Trostlosigkeit auf ›Erez‹ beklagte. Sie bebauen die Erde und essen Pflanzen, Tiere und Brot. Sie sind meist traurig und bekriegen sich oft. Es gibt auf dieser Welt Tage, und die Gruppierungen der Gestirne sind sichtbar. Früher wurden sie oft von Bewohnern der Welt von ›Thebel‹ be-sucht, doch die Besucher wurden auf ›Adamah‹ von Gedächtnisschwäche befallen und wußten nicht mehr, woher sie kamen.
Die Bewohner der Welt von ›Arqa‹ säen und ernten. Ihre Gesichter sind verschieden von unseren Gesichtern. Sie besuchen alle Welten und sprechen alle Sprachen.«

Fußnoten
(1) Koran, Sure 65, 12
(2) Terhart, Franjo: »Kabbala/ Die jüdische Mystik«, Hannover 2007, S. 25, linke Spalte oben
(3) Kaplan Aryeh: »Sefer Yetzirah: The Book of Creation in Theory and Practice«, eBook, revidierte Fassung, 7. Auflage, San Francisco 1997, Seite 187, Position 3484. Hinweis: Das eBook führt den Planeten Chalad doppelt auf. Den offensichtlichen Fehler habe ich korrigiert.
(4) Ebenda, Fußnote 72: »VaYirka Rabbah 29:11, Pirkey Rabbi Eliezer 18 (43a), BaMidbar Rabbah 3:8. Cf. Raziel 15b (43), 36a (122)«
(5) Ebenda, Fußnote 73: »Otzar HaShem, ad loc., Avot Rabbi Nathan 37«
(6) Herrmann, Klaus (Herausgeber/ Übersetzer): »Sefer Jezira – Buch der Schöpfung«, Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag, 1. Auflage 2008, Leipzig 2008. Hier wird als Quelle angegeben: »Sefer Jezira, Ms. Vatikan 299 §§ 43B«
(7) Däniken, Erich von: »Zurück zu den Sternen/ Argumente für das Unmögliche«, Düsseldorf 1969, 201.-250. Tausend, S. 236, 11. Zeile von unten – S. 238, 13. Zeile von unten. Die Rechtschreibung wurde unverändert übernommen und nicht der Rechtschreibreform angepasst.

Zu den Fotos
Foto 1: Der Babylonische Talmud, Titelblatt der Wilnaer Ausgabe (1880-1886). Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Sefer Jezira. Cover. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein

525. »Kain und der blinde Jäger«,
Teil 525 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 9. Februar 2020

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