Sonntag, 26. Juni 2011

75 »Wenn der Vulkan im Paradies brüllt...«

Teil 75 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Eingang zum Port Resolution Club
Foto: Ingeborg Diekmann
Alle Jahre wieder feiern die Menschen auf der Südseeinsel Tanna, Vanuatu, das John-Frum-Fest. An diesem Tag, davon sind sie überzeugt, wird ihr Gott John Frum vom Himmel herabsteigen und seine Anhänger reich beschenken. Dann werden die Gläubigen endlich in den Genuss des üppigen Luxus kommen, den bislang die Weißen für sich allein beanspruchen. Um den John-Frum-Kult hautnah zu erleben, reiste ich mit einer kleinen Gruppe – Leserinnen und Leser meiner Bücher – in die Südsee, ins Reich Vanuatu, auf das Eiland Tanna. Untergebracht waren wir im »Port Resolution Club«. Luxus durften wir nicht erwarten, hieß es doch im hauseigenen Faltblatt nüchtern: »Der Port Resolution Club ist sehr einfach ausgestattet. Er liegt in einem tropischen Garten mit Blick auf die Bucht und den Yasur Vulkanberg. Hier gibt es nur eine Dusche (kein heißes Wasser), aber Toilette sowie Elektrizität.«

Dusche,
Waschgelegenheit,
Toilette
Foto I. Diekmann
Süßwasser ist auf Tanna eine Kostbarkeit. So sammelt man das Regenwasser, speichert es in Tonnen. Regenwasser ist Hauptgetränk Nummer 1 auf der Insel, mit Regenwasser wäscht man sich, duscht man und betreibt das WC. Für unsere Gruppe gab es zwischen unseren Bungalows eine Dusche (im Bild ganz links), eine Waschgelegenheit (mit Spiegel, im Bild in der Mitte) und ein Regenwasser-WC.

In der Tat: Elektrizität stand zur Verfügung: so lang das Stromaggregat lief. Gegen 20 Uhr gab es Abendessen (meist, ja eigentlich immer Reis). Danach wünschte uns der Wirt »Good Night!« und wir eilten so schnell wir konnten in unsere Bungalows. Gegen 20 Uhr 15 wurde der dröhnende Benzinmotor abgestellt, der »Port Resolution Club« versank in Dunkelheit. Untergebracht waren wir in »acht Bungalows nach einheimischem Stil« ... sehr spartanisch, in auf Pfählen stehenden Holzhütten, mit einer Art Schilf gedeckt und dünnen, ja sehr dünnen Wänden. Einzige Möbelstücke waren ein Bett und ein Nachttischchen mit einer Kerze. Über jedem Bett war ein Moskitonetz angebracht, das ungebetene Blutsauger fernhalten sollte.

Luxus gab es aber auch: Jeder Bungalow hatte eine eigene überdachte Veranda. Wer grünes Südseeparadies erleben wollte, konnte sich auf seine Veranda setzen ... und paradiesischen Frieden erleben, den kein noch so teures 5-Sterne-Hotel zu bieten vermag. Wer den sterilen Hyperluxus moderner 5-Sterne-Hotels wünscht, wird ihn auf Tanna vergeblich suchen. Wer aber exotische Urwaldnächte förmlich spüren möchte, dem kann ich den »Port Resolution Club« nur wärmstens empfehlen. Zwei Stunden dauert in etwa in Fahrt im »Hotelbus« vom kleinen Flughafen zum »Port Resolution Club«.

Veranda vor der Hütte
Foto: W-J.Langbein
Ich kann mich an meine erste Nacht im Urwaldbungalow lebhaft erinnern ...
Ermüdet von anstrengenden Exkursionen dämmere ich vor mich hin. Sanft schlafe ich ein ... Doch etwas weckt mich: Ein dumpfes Rumpeln und Pumpeln, begleitet von beunruhigenden Vibrationen, die meine hölzerne Bettstatt sanft schütteln. Völlig zutreffend heißt es im Faltblatt: »Das Rumoren und Glühen des Yasur-Vulkans macht die Bungalows wahrlich spektakulär.« Ein »rotes Glühen« hat schon anno 1774 James Cook nach Tanna gelockt. Cook hatte es auf See nächtens zufällig »in den Wolken« beobachtet, war diesem geheimnisvollen Zeichen gefolgt und schließlich in einer Bucht östlich des Vulkans an Land gegangen. Cook wollte den Vulkanberg besteigen, wurde aber von den Einheimischen daran gehindert. Sie glaubten nämlich, dass dort die Seelen der Verstorbenen hausen.

361 Meter ist er hoch, der Yasur Vulkan. Seit mindestens 800 Jahren ist er aktiv, rumort und rumpelt vor sich hin. Statistisch gesehen gibt es alle drei Minuten eine Eruption. Dann spuckt der Yasur glühende Lavaklumpen in die Höhe ... aus einem seiner drei Schlote im Hauptkrater. Der misst in unseren Tagen dreihundert Meter im Durchmesser und einhundert Meter in der Tiefe. Weil der Vulkan in wirklich sehr kurzen Abständen – und das regelmäßig – spuckt ... gewöhnt man sich sehr schnell an das Rumoren ... Tag und Nacht.

Aufstieg zum Vulkan
Foto: W-J.Langbein
Vielversprechend heißt es im Faltblatt unseres »Clubs«: »Die Spitze des Kraters kann leicht zu Fuß (zehn Minuten Weg) erreicht werden und das atemberaubende Erlebnis von Lava, die hunderte Meter hoch in die Luft geschleudert wird, glühend in der hereinbrechenden Nacht, das Rumoren und die Explosionen, die Vibrationen des Bodens ... werden unvergesslich bleiben.«

Wir nahmen auf Tanna nicht nur an der Jahresfeier des John-Frum-Kults bei, wir besuchten auch den Yasur-Vulkan. Das heißt, wir fuhren von unserem »Port Resolution Club« mit einem kleinen Bus so nah wie möglich an den Vulkankegel heran. Die letzten 300 Meter legten wir zu Fuß zurück. Der Anstieg erwies sich als anstrengender als gedacht. Die sommerlichen Temperaturen, gepaart mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit, machten den kleinen Gang schnell zu einem Marsch in einer Sauna.

Wir folgten einem schmalen Trampelpfad, vorbei an erstarrten Lavaklumpen unterschiedlicher Größe. 2010 entwickelte der Vulkan so heftige Reaktivitäten, dass es zu gefährlich war, sich dem Krater zu nähern. Das Besteigen des feuerspeienden Berges wurde 2010 vorübergehend verboten.

Wir erstiegen den Vulkankegel ... und spürten bald die Wärme des unterirdischen Feuers an den Füßen. Wir setzten uns am Rand des Kraters nieder und warteten den Abend ab. Ein herrlicher Blick aufs nahe Meer wurde uns gegönnt ... doch unsere Aufmerksamkeit war mehr auf den Vulkan gerichtet.

Blick aufs Meer vom Vulkan
Foto: W-J.Langbein
Als gut vorbereiteter Reiseleiter weiß ich, was wir hier vor Ort erwarten können ... »Das laute Rumpeln und Pumpeln, das wir Tag und Nacht hören, wird nicht unbedingt von Lava-Eruptionen verursacht. Man spricht von strombolianischen Eruptionen. Es sammeln sich im Inneren des Vulkans Gasblasen, die dann in regelmäßigen Abständen explodieren. Dabei wird meist nur wenig Lava gefördert. Die meisten Lavafragmente, die in die Luft geschleudert werden, sind oft nur tennisballgroß.« Trotzdem möchte wohl niemand von einem solchen »kleinen« Batzen, der emporkatapultiert wird und aus mehreren hundert Metern Höhe zurückfällt, getroffen werden.

»Wir müssen die Dunkelheit abwarten!« betont unser örtlicher Guide. »Bei Tag sieht man zu wenig ... Wir müssen natürlich Glück haben ... Emporgeworfene Brocken sieht man meist wegen des begleitenden Qualms nicht. Und wenn so ein Klumpen an der falschen Stelle niederschlägt, kann man kaum ausweichen.« Es würden aber nur höchst selten Besucher getroffen, versichert er uns. »Wie beruhigend!« meint sarkastisch ein Mitreisender.

Asche-Lava-Regen
Foto: Ingeborg Diekmann
Zunächst werden die aufsteigenden Staubwolken vom Sonnenlicht des Abends rötlich angestrahlt, dann verwandeln sie sich in eher düstere schwarze Wolken ... und bei Dunkelheit erkennt man schließlich die rotglühende Lava, die in den Himmel schießt und – abkühlend – wieder herabfällt. In der Regel folgt auf eine besonders heftige Gasexplosion fast feuerwerksartig ein wahrer Sprühregen glühender Punkte, die wie Sternschnuppen in den Himmel sausen.

Manche Batzen schlagen unangenehm nah von uns ein. Hautnah erlebten wir, spürten wir Vulkanismus live ... in relativ schwacher Form. Wir können uns aber etwas besser ein Bild machen, wie verheerend der Ausbruch eines Supervulkans sein muss! Wenn der Vulkan im Paradies brüllt, dann kann dies Unheil ankündigen wie die Trompeten der Apokalypse. Ist es ein Zufall, dass der Weltuntergang der Bibel deutlich an vulkanische Kataklysmen erinnert?

Als ich zu später Stunde bei völliger Dunkelheit mit meinen Reisebegleitern vom Yasur-Vulkan zurück ins Südseeparadies stolpere ... muss ich an den »Feuerring des Pazifiks« denken! Was man leicht verdrängt: Vulkanismus ist im Pazifik nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Der Pazifik ist alles andere als ein »friedlicher« oder »stiller Ozean«. Ganz im Gegenteil, der Name täuscht! Die seismische Zone um jenes Meer herum, das wir uns als Idyll vorstellen, wird als »Feuerring« bezeichnet.

Ein großer Teil der vulkanischen Aktivitäten unseres Planeten spielt sich auf dem Meeresboden im Pazifik ab. Der Geologe H.W. Mennard schätzte vor einem halben Jahrhundert, dass es am Boden des Pazifiks rund 10.000 bereits erloschene oder noch aktive Vulkane gibt. Die Osterinsel ist also ein Kind des vulkanischen Pazifiks. Aus erdgeschichtlicher Sicht brodelt es nicht gelegentlich, sondern ständig im Pazifik. Vulkane entstehen, schieben sich aus dem Erdinneren durchs Wasser. Vulkankegel wachsen empor. Viele erreichen nicht die Wasseroberfläche. Andere schießen über die Wellen hinaus, verschmelzen miteinander. Entstand so vor vielen Jahrtausenden das Atlantis der Südsee, als ein vulkanischer Kontinent in den Weiten des Meeres? Und verschwand dieser Kontinent wieder ... als Folge weiterer Katastrophen auf dem Meeresgrund?

Nach altem Glauben versammeln sich hier
die Totengeister -  Foto: W-J.Langbein
Unter dem Pazifik ticken gewaltige Zeitbomben. Jederzeit kann ein Supervulkan auf dem Meeresboden ausbrechen. Eine Kettenreaktion kann angestoßen werden, die weitere schlummernde Vulkane förmlich explodieren lässt. Schlimmste Seebeben können die Folge sein... Tsunamis, die weite Teile Süd- und Zentralamerikas, ja Nordamerikas verwüsten können, drohen. Eine Apokalypse, die unseren Globus – und damit die Menschheit – in einen Abgrund reißt, ist möglich ... Sie kann ihren Anfang im Pazifik nehmen!

Und wenn natürliche Kataklysmen – wie in Fukushima – zum Beispiel ein Atomkraftwerk verwüsten, dann ist eine Apokalypse möglich, die den biblischen Bericht vom Ende der Zeit bei weitem in den Schatten stellt! »2012« steht symbolisch für realistischen Horror, der jederzeit unseren Planeten zu einem höllischen Höllenpfuhl verwandeln kann.

Meine Prognose: Das Jahr 2012 wird verstreichen, der Weltuntergang wird ausbleiben. Rasch wird die ominöse Jahreszahl in Vergessenheit geraten. Neue Weltuntergangstermine werden publik gemacht werden. Vielleicht wird Nostradamus bemüht, vielleicht werden angebliche Prophezeiungen der Mayas aus dem Hut gezaubert ... Wir täten aber gut daran, die wahre Bedeutung von »2012« zu erkennen, die wahre Botschaft der Mayas zu verstehen ...

Zu diesem brandaktuellen Thema habe ich mein 30. und wichtigstes Buch geschrieben: »2012 – Endzeit und Neuanfang/ Die Botschaft der Mayas« (1).

Fußnote und Literaturempfehlung
Langbein, Walter-Jörg:
»2012/ Endzeit und Neuanfang – Die Botschaft der Mayas«, München 2009


»Was flog da über Golgatha?«,
Teil 76 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 03.07.2011


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