Sonntag, 9. Oktober 2016

351 »Apocalypse Wow«

Teil  351 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Dürers Apokalyptische Reiter
Zu den großen Filmklassikern überhaupt zählt ohne Zweifel »Apocalypse Now« von Francis Ford Coppola aus dem Jahr 1979. Der beeindruckende und bedrückende Antikriegsfilm spielt in Vietnam. In Anspielung auf Coppolas filmisches Meisterwerk mit Marlon Brando in der Hauptrolle titelte die »Süddeutsche Zeitung« im Frühjahr 2016 (1) mit einer sensationellen Meldung: »Apokalypse Wow«. Und neben dem beeindruckenden Foto einer rot glühenden Sonnen lesen wir: »Bilder aus der Zukunft: In sechs Milliarden Jahren wird die Sonne spektakulär sterben. Bis dahin muss die Menschheit eine neue Heimat finden. Aber wo?«

Auf meiner Reise durch Indien lernte ich die uralte Philosophie des Landes kennen. Ähnlich wie die Mayas gingen die »alten Inder« von einem zyklischen Weltbild aus, von einem steten Werden, Leben und Zerfall. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Ein Schriftkundiger erklärte mir am Tempel von Tanjore (2): »Die Geschichte der Menschheit verläuft auf unserem Heimatplaneten in Zyklen. Auf die Zerstörung folgen Wiederaufbau, Leben und Gedeihen und erneute Zerstörung.«

So ist  Göttin Kali (zu Deutsch etwa »Die Schwarze«) im Hinduismus einerseits die Gottheit des Todes und der Zerstörung, andererseits aber auch der Erneuerung. Ganz ähnlich dachten die Maya, die – wie die alten Inder – in Sachen Erde und Kosmos in Zyklen von bis zu Jahrmilliarden rechneten. Eine »Menschheit« blüht auf, gedeiht um in einer Apokalypse wieder unterzugehen, gefolgt vom Aufblühen einer neuen Menschheit. Die Kataklysmen der Maya werden in der Mythologie recht plastisch-drastisch geschildert. Eine Epoche endete in einem Feuer- und Asche-Regen. Eine Zeit der Finsternis folgte, und doch  hatten die himmlischen Götter schon den Keim neuen Lebens gesät.

Foto 2: Am Tempeltor von Tanjore
Auch unsere Sonne sei, so erfuhr ich am Tempel von Tanjore, Zyklen unterworfen, sie pulsiere – und werde eines Tages explodieren, sich ausdehnen und dann wieder in sich zusammenbrechen.

Das von der »Süddeutschen Zeitung« prognostizierte Ende der Sonne und damit der Erde ist alles andere als unfundierte Horrorspekulation. So wird sich unsere »liebe Sonne« im Alter von etwa 11,7 bis 12,3 Milliarden Jahren so weit aufblähen, dass sie die Planeten Merkur und Venus verschlingt. Die Erde wird sich in eine wahre Höllenwelt verwandeln. Die Meere verdampfen, die heute noch feste Erdkruste wird zu einem einzigen zähflüssigen Lava-Brei werden. Da die Sonne bereits etwa 4,5 Milliarden Jahre auf dem Buckel hat, wird sich das beschriebene Ende der Welt in etwa sieben Jahrmilliarden abspielen. Selbst die Jüngsten unter uns werden das wohl nicht erleben, ich mit meinen 62 Jahren schon gar nicht. Ob freilich die Menschheit wirklich ausreichend Zeit haben wird? Ich weiß es nicht. Ich fürchte, sie wird längst ausgelöscht sein, wenn die Erde sterben wird. Sie wird sich wohl sehr viel früher selbst vernichtet haben!
Schon im nicht mehr ganz so zarten Alter von 5,5 Jahrmilliarden wird die Weiterentwicklung unseres Zentralgestirns dazu führen, dass die mittlere Temperatur auf der Erde 30 Grad Celsius überschreitet. Da wird es schon recht kritisch für »höhere Lebewesen«. Das wird also »schon« in einer Jahrmilliarde geschehen.

Foto3: Die Mayas glaubten....
In zwei Milliarden Jahren wird eine mittlere Temperatur auf Erden von 100 Grad erreicht werden. Mit anderen Worten: »Schon« in zwei Milliarden Jahren wird alles Leben auf der Erde verlöschen. Selbst jenen Krebsen, die heute ganz in der Nähe von Tiefseevulkanen leben, dürfte dann das letzte Stündlein geschlagen haben. Und die halten wahrhaft höllische Temperaturen aus!
Hermann Oberth (1894-1989)  im Gespräch zu mir (3): »Die Erde ist die Kinderkrippe der Menschheit. Kinder wachsen heran und verlassen irgendwann die Krippe und erkunden die Welt!« Ich fragte zurück: »Meinen Sie, dass wir Menschen einmal unsere Erde verlassen werden?«

Prof. Oberth bejahte. »Die Menschheit kann entweder irgendwann auf der Erde umkommen, oder sie versucht, ins Weltall vorzudringen und dort zu überleben. Ein Überleben auf der Erde für ewige Zeiten wird es nicht geben!«

Andrian Kreyer wiederholt in der »Süddeutschen Zeitung« (4) in der Rubrik »Wissen« zunächst die Schlagzeilen von Seite 1: »In sechs Milliarden Jahren wir die Sonne sterben, spätestens bis dann muss die Menschheit eine neue Heimat gefunden haben.« Dann folgt ein Hinweis auf so eine »Ersatzwelt«, die freilich alles andere als paradiesisch-verlockend anmutet: »Exoplanet HD 189733b etwa ist 63 Lichtjahre entfernt und blau wie die Erde. Das Problem: Die Tagestemperaturen dort liegen bei 900 Grad Celsius, die Windgeschwindigkeiten erreichen 9.000 Kilometer pro Stunde, und es regnet Glas.«

Foto 4: ... an Zeitzyklen.

»Werden wir Menschen ins All Reisen und fremde Planeten in fremden Sonnensystemen besiedeln?«,wollte ich von Prof. Oberth wissen. Der sympathische Gelehrte, den ich erstmals als Schüler im Alter von etwa zehn Jahren besuchte, lächelte milde: »Ganz so wie in Zukunftsromanen beschrieben wird das nicht ablaufen! Die Distanzen zu den Sternen sind riesig. Auf Science-Fiction geht auch Andrian Kreyer in seinem lesenswerten Artikel ein (5): »Der Mythos vom Auszug aus der Erde wird schon längst in Hollywood-Filmen wie ›Interstellar‹ und ›The Martina‹ gepflegt. Auch wenn erst das Kepler-Weltraumteleskop der NASA, das 2009 startete, die Suche so richtig voranbrachte.«

Foto 5: Autor Langbein  in Palenque
Wer hätte das gedacht: Vor einem halben Jahrhundert spekulierte man, wie viele Sterne – also fremde Sonnen – wohl von Planeten umkreist würden. Heute vermeldet der Astronom Jason Wright (6) »1642 bestätigte und 3786 unbestätigte Planeten«. Andrian Kreyer spricht von 5428 Hoffnungsmomenten, »dass das Leben da draußen ja irgendwie weitergehen könnte«. Nun ist aber Exoplanet HD 189733b etwa 63 Lichtjahre entfernt. Er eignet sich also nicht als neue »Wohnung« für die Menschheit, in die man einfach umziehen könnte. Ist damit Projekt »Erd-Exodus« schon gescheitert, bevor es überhaupt richtig angedacht werden konnte? Die Antwort findet sich beim »Vater der Weltraumfahrt«. Hermann Oberth schrieb bereits im Jahre 1954 in seinem Werk »Menschen im Weltraum« (7):

»Da Monde und Planeten relativ unwirtlich sind, liegt der Gedanke an künstliche Wohnstätten der Menschen im Weltraum nahe. … Nun geht es um die Ansiedlung von Menschen im Weltraum selbst.« Mit anderen Worten: Ein »Exodus ins All« ist natürlich auch dann möglich, wenn der nächste Planet nach heutigen Vorstellungen unerreichbar weit entfernt ist. Auch und gerade hier gilt: Der Weg ist das Ziel. Wenn es das »Ziel« sein sollte, irgendwann in fernster Zukunft einen fernen fremden Planeten zu erreichen, dann ist schon die Reise dorthin die einzige Chance der Menschheit. Bevor Planet Erde zur tödlichen Falle wird, kann es nur eine Flucht ins All geben. Hermann Oberth: »Unsere Erde wird noch viele Jahrhunderte lang Raum genug für die Menschen haben. … Doch die Menschheit wird nicht auf diese Erde beschränkt bleiben.«

Als Raumfahrtexperte begnügte sich Prof. Hermann Oberth nicht mit vagen Spekulationen. Vielmehr legte er bereits 1954 präzise Projekte vor, betitelt »Siedlungen im Weltraum« (8). Nach Prof. Oberths konkreten Visionen werden riesige Wohnräder in die Tiefen des Alls vordringen. Diese Weltraumhabitate drehen sich um die eigene Achse, so dass ihre Bewohner nicht in der Schwerelosigkeit schweben, sondern gewohnte irdische Verhältnisse genießen können. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren Prof. Oberths »Wohnwalzen«. Noch einmal Oberth (9): »Unter einer Wohnwalze hat man sich einen Zylinder von beliebiger Länge vorzustellen, der einen Durchmesser von acht Kilometern hat. Er kann zehn Kilometer lang sein, aber auch hundert oder tausend.« Heute noch utopisch anmutende, aber keineswegs unrealistische Konzepte sehen Weltraumstädte mit Millionen von Menschen vor (10):

Foto 6: Autor Walter-Jörg Langbein im Gespräch mit Prof. Oberth

»Dr. Thomas Heppenheim, Luftfahrtingenieur am ›California Institute of Technology‹, schilderte das Leben in der Raumstation im November 1975 so: ›Das Leben in der geplanten Weltraumstadt wird nicht nur angenehmer sein als auf der Erde, sondern die Menschen werden dort alles haben, was für größtes Wachstum notwendig ist. Keine Ernte wird fehlschlagen. Die ersten 10.000 Menschen werden in Terrassenapartments mit modernstem Wohnkomfort leben. Von den Fenstern aus blicken sie auf gewölbte Erntefelder und überschauen grüne Parks. Das Leben wird angenehm und sonnig sein.‹

Die zweite Weltraumstadt könnte dann schon ganz andere Ausmaße haben. Prof. Gerard Kitchen O’Neill (1927-1992) lehrte an der ›Princeton University‹, publizierte seine fundierten Visionen in einem Buch ›Unsere Zukunft im Raum/  Energiegewinnung und Siedlung im Weltraum‹ (11).

Foto 7: Der Kalender der Azteken verlief in Zyklen

Für den Physiker O’Neill, Inhaber wichtiger Patente, ist eine Besiedlung des Universums von der Erde aus keine unsinnige Science-Fiction-Illusion, sondern realistisch, finanzierbar und auch machbar. Der Wissenschaftler entwickelte mehrere Modelle von Weltraumstädten in Röhrenform. Die größeren (Länge etwa 30 km, Durchmesser 6 km) bieten 10.000.000 (zehn Millionen!) Menschen Lebensraum. Schon in absehbarer Zukunft könnte – so postulierte Prof. O’Neill – ein erheblicher Teil der Weltbevölkerung in Weltraumstädten leben.«

Prof. Gerard Kitchen O’Neills erste Veröffentlichung erschien endlich September 1974 in »Physics Today«. Vier Jahre lang war der wissenschaftlich fundierte Aufsatz von Fachzeitschriften wie »Science« und »Scientific American« abgelehnt worden. Er hieß »The Colonization of Space« (zu Deutsch etwa »Die Kolonisation des Weltraums«). Genauso war es Prof. Hermann Oberth mit seiner ersten Arbeit zur Raumfahrt ein halbes Jahrhundert zuvor ergangen. Aber kühn erscheinende wissenschaftliche Projekte setzen sich letztlich immer durch, stets gegen den Widerstand der etablierten Schulwissenschaft.

Foto 8: Der Küstentempel von Mahabalipuram, Stich 1860

Und so können wir Menschen von Planet Erde nachts sehnsuchtsvoll in den Sternenhimmel blicken. Die Milchstraße lockt uns heute, so wie einst Ozeane unsere Vorfahren vor Jahrtausenden. Die Ozeane mögen einst als unüberwindbar angesehen worden sein. Sie wurden aber – vielleicht sehr viel früher als die Schulwissenschaft meint – überquert. Wenn wir Menschen uns nicht gegenseitig ausrotten, werden wir den Weg ins All antreten. Davon bin ich überzeugt!

Und was ich mich nicht erst seit meiner Indienreise frage? Kamen die Götter der alten Inder aus dem All, waren ihre Vimanas nichts anderes als Raumschiffe? In altindischer Dichtung wie dem Rig Veda wimmelt es nur so von Hinweisen auf eine phantastische Vergangenheit! Und die alten Tempel stellen Vimanas dar, die Flugvehikel der Götter aus dem All!

Fußnoten
1) »Süddeutsche Zeitung am Wochenende«, Titelseite, München, Samstag/ Sonntag, 23./ 24. April 2016
2) Nach meinen handschriftlichen Notizen formuliert.
3) Basierend auf meinen handschriftlichen Aufzeichnungen.
4) »Süddeutsche Zeitung am Wochenende«, Seite 38, München, Samstag/ Sonntag, 23./ 24. April 2016
5) ebenda
6) ebenda
7) Oberth, Hermann: »Menschen im Weltraum«, Düsseldorf und Wien 1954, Seite 194
8) ebenda, Seite 187
9) ebenda, Seiten 194-199
10) Langbein, Walter-Jörg Vortragsmanuskript »Unsere Zukunft liegt im All«, »A.A.S. One Day Meeting«,  Magdeburg 24.10.2009
11) O'Neill, Gerard K.: »Unsere Zukunft im Raum«, Bern und Stuttgart 1978

Foto 9: Der Küstentempel von Mahabalipuram. Stahlstich, etwa 1850

 Zu den Fotos

Foto 1: Dürers Apokalyptische Reiter. wiki commons gemeinfrei Foto 2: Am Tempeltor von Tanjore. Foto Walter-Jörg Langbein Foto 3: Die Mayas glaubten.... Foto Walter-Jörg Langbein Foto 4: ... an Zeitzyklen. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto5: Autor Langbein auf den Spuren der Mayas in Palenque.Foto Ingeborg Diekmann 
Foto 6: Autor Walter-Jörg Langbein im Gespräch mit Prof. Oberth. Foto: privat 
Foto 7: Der Kalender der Azteken verlief in Zyklen
Foto 8: Der Küstentempel von Mahabalipuram, Stich 1860. Archiv
Walter-Jörg Langbein.


»352 Kröte, Löwe, Dämonen«,
Teil  352 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 16.10.2016


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