Montag, 22. Februar 2010

Windsbraut

Öffne Dein Herz, und laß ihn in Deinen Verstand eindringen. Mache ihm den Weg zu Deiner Seele frei. Gib ihm die Möglichkeit Dich das Leben zu lehren, Dein Temperament zu entfachen, Deine Träume offenzulegen, Deine geheimsten Wünsche wahr werden zu lassen.

Glaub mir, er kann all diese Dinge. Er kann Dir einen Weg aufzeigen, der Dein Leben zum Abenteuer werden läßt, kann der Hüter Deiner Phantasie sein, kann der Sturm Deiner Gefühle werden. Gib ihm eine Chance, Du weißt ja nicht was Du sonst verpaßt.

Gehe hinaus wenn er sich am heftigsten austobt, gib Dich seiner unwiderstehlichen Macht hin, laß ihn durch Dein Haar fahren, damit spielen, es verwirren, daran ziehen und zerren, es sanft auf Deine Schulter gleiten lassen.

Biete ihm die Stirn, stemme Dich gegen seine Kraft, zeige ihm, dass Du ebenso stark bist, wie er. Raufe mit ihm, um jeden Meter den Du vorwärts kommen willst, gib niemals nach, sonst wirft er Dich um.
Spiele mit ihm, laß ihn an Deiner Kleidung zupfen, drehe Dich um die eigene Achse und spüre ihn aus jeder Richtung auf Dich eindringen. Blicke in sein Antlitz. Laß Dir die Haare aus dem Gesicht wehen und sieh ihm dabei direkt in sein manchmal wütendes Auge.

Spüre seinen Humor und lache mit ihm. Werde aber nie leichtsinnig, denn er ist wechselhaft, kann vom sanften Freund und Liebhaber zu Deinem größten und gefährlichsten Feind werden. Wenn er will kann er Dich verfolgen, es gibt keinen Ort wo er Dich nicht findet. Er weht durch die kleinste Spalte, reißt das beste Dach vom Haus, zieht in seinen Trichter was immer er will, wechselt die Richtung, wie es ihm gefällt. Ist im einen Moment vor Dir, im nächsten in Deinem Rücken. Du kannst ihm nicht entkommen, also fordere seine Wut nicht heraus.

Werde sein Freund, lerne ihn kennen, versuche seine Launen zu verstehen und auf sie einzugehen. Wenn er allzu wild ist, gehe ihm aus dem Weg. Suche seine Nähe wenn er ruhig und zu einem Spielchen aufgelegt ist.

Er wird niemals auf Deine Launen eingehen, dafür ist er zu eigenständig. Du kannst Dich ihm nur anpassen und ihn gerade für seine Selbständigkeit lieben. Wenn Du dieses Gefühl für ihn entwickelt hast, brauchst Du sein Säuseln und Brausen nicht mehr zu fürchten. Dann gibt es nichts Schöneres als während es stärksten Sturms hinauszugehen, einen Spaziergang zu machen und ihm nahe zu sein. Das Knacken der Äste, das Rauschen in den Baumwipfeln, das Sausen durch hohle Gassen, all das geht Dir in Fleisch und Blut über. Du sehnst Dich nach diesen Geräuschen, die Andere so oft ängstigen. Du willst ihn spüren, wenn die Anderen sich in ihren Häusern verkriechen. Du wünschst Dir, dass er immer stärker wehen soll, wenn die Anderen nur noch ihre Ruhe wollen. Du bist eins mit ihm, und doch ein Individualist.

Eine Windsbraut.



©Sylvia Seyboth


Meine Romane auf amazon:

Meine Internetseite:http://www.sylviaseyboth.cms4people.de/

4 Kommentare:

  1. Da spürt man so richtig wie einen der Wind um die Ohren pfeift. Und wenn er stärker wird, dann muß man aufpassen, daß er einen nicht hochhebt.Super
    beschrieben, einfach hervorragend.

    AntwortenLöschen
  2. Danke Ursula,
    ich liebe Wind und Sturm in jeder Variante, daher wohl auch das Einfühlungsvermögen. Sonne könnte ich weniger gut beschreiben. Mir macht Wind einfach nur Spaß.
    LG
    Sylvia

    AntwortenLöschen
  3. Wind und Sturm können Freund oder Feind sein. Wer ihn durchschaut, kommt gut mit ihm aus. Zehn Jahre Wohnen an der Ostsee haben ihn mir zum Freund gemacht. Mit Stolz konnte ich mich ihm entgegenstemmen. Obwohl ich zusehen musste, wie er Bäume entwurzelte und meinen kleinen Hund – hätte ich ihn nicht an der Leine geführt –beinahe davon geschleudert hätte.

    AntwortenLöschen
  4. da möchte man selber windbraut sein!
    lieber gruß
    ursula dittmer

    AntwortenLöschen

+++ Aus aktuellem Anlass +++
Schon von zwei Seiten kam nun der Hinweis, dass es beim Absenden von Kommentaren aus dem Browser Firefox zu Problemen kommen kann: Der Kommentar wird dem Nutzer dann zwar als versandt gemeldet, landet aber im Nirgendwo. Wir empfehlen Ihnen deshalb nach Möglichkeit die Nutzung von Google Chrome oder des Microsoft Internet Explorers. Bei diesen Browsern sind solche Schwierigkeiten unserem Kenntnisstand nach bisher nicht aufgetreten.

Zur Formatierung Ihrer Kommentare stehen Ihnen einige HTML-Befehle zur Verfügung. Eine Vorlage zum Abkopieren >>gibt es hier.

Labels

Walter-Jörg Langbein (655) Sylvia B. (101) Osterinsel (79) Tuna von Blumenstein (36) Peru (34) Karl May (27) Nan Madol (27) g.c.roth (27) Maria Magdalena (22) Jesus (21) Karl der Große (19) Make Make (19) Externsteine (18) Für Sie gelesen (18) Bibel (17) Rezension (17) der tiger am gelben fluss (17) Autoren und ihre Region (16) Apokalypse (15) Vimanas (15) Atlantis der Südsee (13) Weseke (13) Blauregenmord (12) Der Tote im Zwillbrocker Venn (12) Nasca (12) Palenque (12) meniere desaster (12) Pyramiden (11) Krimi (10) Malta (10) Ägypten (10) Forentroll (9) Mexico (9) National Geographic (9) Straße der Toten (9) Lügde (8) Briefe an Lieschen (7) Der hässliche Zwilling (7) Sphinx (7) Tempel der Inschriften (7) Winnetou (7) Marlies Bugmann (6) Monstermauern (6) Mord (6) Märchen (6) altes Ägypten (6) 2012 - Endzeit und Neuanfang (5) Atahualpa (5) Hexenhausgeflüster (5) Lyrik (5) Mexico City (5) Mord in Genf (5) Satire (5) Thriller (5) Atacama Wüste (4) Cheopspyramide (4) Dan Brown (4) Ephraim Kishon (4) Hexenhausgeflüster- Sylvia B. (4) Leonardo da Vinci (4) Machu Picchu (4) Sacsayhuaman (4) Teutoburger Wald (4) große Pyramide (4) Meniere (3) Mondpyramide (3) Mord im ostfriesischen Hammrich (3) Mysterien (3) Sakrileg (3) Shakespeare (3) Bevor die Sintflut kam (2) Das Sakrileg und die heiligen Frauen (2) Friedhofsgeschichten (2) Goethe (2) Lexikon der biblischen Irrtümer (2) Markus Lanz (2) Münsterland-Krimi (2) Vincent van Gogh (2) Alphabet (1) Bestatten mein Name ist Tod (1) Hexen (1) Lyrichs Briefe an Lieschen (1) Lyrichs Briefe an Lieschen Hexenhausgeflüster (1) Mord Ostfriesland (1) Mord und Totschlag (1) Münsterland (1) einmaleins lernen (1) meniére desaster (1)